Beim Autokauf entzünden sich die meisten Rechtsstreitigkeiten an der Frage der Gewährleistung für Sachmängel, also der Mängelhaftung des Autoverkäufers gegenüber dem Käufer.

Zentraler Ausgangspunkt ist also beim Autokauf der Begriff des „Sachmangels“. Nur bei Vorliegen eines Sachmangels bei „Gefahrübergang“ (im Regelfall die Auslieferung des Autos an den Kunden) eröffnen sich dem Autokäufer entsprechende Rechtsbehelfe.

In der Praxis des Autohandels ist die Frage der Mangelhaftigkeit vor allem bei Gebrauchtwagenkäufen von Relevanz. Beim Neuwagengeschäft greift im Regelfall die Garantie des Herstellers, so dass es vergleichsweise selten zu Rechtsstreitigkeiten kommt.

Das neue ab dem 01.01.2022 geltende Gewährleistungsrecht unterteilt den Sachmangel in drei Kategorien: Die objektiven Anforderungen, die subjektiven Anforderungen und die Montageanforderungen. Das Gesetz räumt zumindest bei Verbraucherverträgen seit dem 01.01.2022 den objektiven Anforderungen an die Ware gewissen Vorrang ein (dazu später mehr).

Entscheidend für die Frage, ob bei der Gewährleistung das alte oder das neue ab dem 1.1.2022 geltende Recht anwendbar ist, ist das Datum des Vertragsschlusses. Bei Verträgen die bis 31.12.2021 abgeschlossen wurden, gilt noch das alte Recht, danach das neue.

Die gesetzliche Definition des Sachmangels

Was ein Sachmangel ist, regelt § 434 BGB. Die Vorschrift lautet seit dem1.1.2022 wie folgt:

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1. die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2. sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3. mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1. sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2. eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a) der Art der Sache und
b) der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3. der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4. mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. 3Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

Die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift werden im Folgenden dargestellt, soweit diese für den Autokauf von praktischer Bedeutung sind.

Objektive Anforderungen an den PKW beim Autokauf

Die objektiven Anforderungen an den gekauften PKW meinen die so genannte „Eignung für die gewöhnliche Verwendung“ und die „übliche, erwartbare Beschaffenheit“.

Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung umschreibt, ob der PKW sich für den üblichen Zweck eignet, also für die Fortbewegung. D.h. das Fahrzeug muss in Bewegung gesetzt und angehalten werden können.

Die übliche und erwartbare Beschaffenheit bestimmt sich beispielsweise nach dem Stand der Technik oder der Autoklasse bei einem PKW-Kauf. Der Stand der Technik ist dabei durch einen herstellerübergreifenden Vergleich zu ermitteln. Der Stand der Serie bei einem bestimmten Hersteller ist hingegen nicht entscheidend.

Daneben können die öffentlichen Äußerungen des Herstellers, etwa aus der Werbung (Prospektmaterial, TV-Spots) zur Bestimmung der üblichen und erwartbaren Beschaffenheit herangezogen werden. Als Beispiele zu nennen sind hier die in Ausstattungslisten der Prospekte der Kfz-Hersteller genannten Serien- und Sonderausstattungen.

Ebenso kann der von einem Autohaus zur Verfügung gestellte Vorführwagen, der bei einer Probefahrt bereitsteht, zur Ermittlung der Mangelhaftigkeit herangezogen werden. Deshalb sollten Autoverkäufer künftig klarstellen, dass etwa die individuelle Ausstattung des Vorführwagens von dem später bestellten PKW abweichen kann.

Zu guter Letzt darf der Käufer auch die Lieferung des zugehörigen Zubehörs zum PKW erwarten, so etwa das Ladekabel bei einem E-Auto.

Subjektive Anforderungen an den PKW beim Autokauf

Bei der Frage der Mangelhaftigkeit des gekauften Fahrzeugs und der sich anschließenden Gewährleistung des Autoverkäufers sind als weitere Kategorie die subjektiven Anforderungen von Bedeutung. Hierbei geht es um die Frage was Käufer und Verkäufer als Eigenschaften vereinbart haben, etwa hinsichtlich der Art, Qualität und Funktionalität des PKW oder welche Eigenschaften des Autos nach der vertraglich vorausgesetzten Verwendung vorauszusetzen sind.

In erster Linie ist bei der Mängelhaftung die vereinbarte Beschaffenheit des PKW praxisrelevant. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind nach wie vor umfassende Vereinbarungen zwischen den Parteien über die Beschaffenheit des verkauften Fahrzeuges ohne besondere Formerfordernisse möglich.

Im Bereich des Verbrauchergeschäfts, also bei einem Autokäufer, der Verbraucher ist und der einen PKW von einem gewerblichen Autohändler oder anderem Unternehmer kauft, sind so genannte negative Beschaffenheitsvereinbarungen nur noch unter besonderen, engen Voraussetzungen möglich. Als negative Beschaffenheitsvereinbarung gilt beispielsweise beim PKW-Kauf die Eigenschaft als „Unfallauto“ oder „Mietwagen“.

Solche Vereinbarungen sind gegenüber Verbrauchern nur noch wirksam, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal des PKW von den objektiven Anforderungen abweicht, und die Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Hintergrund ist, dass dem Autokäufer als Verbraucher genügend Zeit zur Überlegung über die Vertragsentscheidung eingeräumt werden soll, insbesondere Überraschungsentscheidungen vermieden werden sollen.

Dies dürfte zweierlei erfordern: (1) Zwischen vorvertraglicher Information über die Negativabweichung und Unterzeichnung des Vertrages muss ein gewisser zeitlicher Abstand liegen (zum Beispiel eine kurze Kaffeepause) und (2) im Vertrag muss die Negativabweichung gesondert vom Käufer unterzeichnet werden, d. h. es sind im Ergebnis mindestens zwei Unterschriften erforderlich, einmal für den Vertrag selbst und zum anderen gesondert für die Vereinbarung einer negativen Abweichung.

Falschlieferungen beim Autokauf

Zu guter Letzt besteht auch dann ein Sachmangel, wenn der Verkäufer eine andere als die gekaufte Sache liefert.

Beispiel: Der Autokäufer bestellt einen PKW Modell A, aufgrund eines Versehens wird jedoch das Modell B desselben Herstellers geliefert.

Änderungen bei der Beweislastumkehr beim PKW-Kauf

Im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs gibt es zahlreiche den Verbraucher günstige Regelungen. Die wichtigste dürfte die sogenannte Beweislastumkehr sein (§ 477 BGB). Bei der Beweislastumkehr wird vermutet, dass ein Sachmangel, der sich nach Übergabe zeigt, bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Ware vorhanden war. Dies erleichtert dem Verbraucher als Käufer die Beweisführung und Geltendmachung entsprechender Rechtsbehelfe im Rahmen der Mängelhaftung.

Vorsicht: Die Einzelheiten dieser Regel sind ebenfalls komplizierter, als der Gesetzestext vermuten lässt. Häufig wird der Händler – oft auch zu Recht – argumentieren können, der Mangel sei auf normalen Verschleiß zurückzuführen. Dies trifft vor allem auf PKW mit hohen Laufleistungen zu und typische Verschleißteile wie Bremsen, Steuerkette oder Bauteile, die im Laufe des Fahrzeuglebens regelmäßig einem Defekt unterliegen, wie etwa die Wasserpumpe. Es kann aber bei Laufleistungen jenseits der 100.000 km auch bei einem Getriebedefekte oder einem Defekt der Zylinderkopfdichtung Verschleiß vorliegen. Diese Frage muss im Einzelfall von einem technischen Sachverständigen geklärt werden.

Bei Verträgen die bis einschließlich 31. Dezember 2021 geschlossen worden sind galt eine sechsmonatige Beweislastumkehr. D. h. Mängel, die binnen der ersten 6 Monate ab Auslieferung des PKW aufgetreten sind, unterlagen der Vermutung der Mangelhaftigkeit im Übergabezeitpunkt. Dabei musste der Kfz-Händler als Unternehmer beweisen, dass der Mangel erst nach Übergabe aufgetreten ist und im Übergabezeitpunkt noch nicht latent vorhanden war. Im Einzelfall konnte diese Beweisführung für den Verkäufer sehr schwierig werden, häufig bedurfte es der Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens.

Bei Verträgen, die seit dem 1.1.2022 geschlossen wurden hat sich die Rechtslage für den gewerblichen Autoverkäufer nochmals verschärft oder im Umkehrschluss für den Verbraucher deutlich verbessert. Statt der bislang geltenden 6 Monate wird zugunsten des Käufers nunmehr 12 Monate nach Übergabe vermutet, dass der Mangel bereits von Anfang an bestand. Selbstverständlich kann auch hier der Verkäufer das Gegenteil beweisen, wobei jedoch anzumerken ist, dass mit zunehmendem Zeitablauf seit Übergabe die Beweisführung für den Verkäufer einfacher werden dürfte, da die Ware einem Verschleiß ausgesetzt ist.

Haftung für Rechtsmangel beim Autokauf

Neben dem Sachmangel gibt es auch den sogenannten Rechtsmangel (§ 435 BGB), für den ebenfalls Gewährleistung gilt. Hier geht es darum, dass Dritte in Bezug auf die gekaufte Sache keine Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Hierunter fällt beim Autokauf vor allem der Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem bei PKW die im Ausland als gestohlen gemeldet worden sind. Denkbar sind auch Fälle, bei denen der PKW durch Eintragung einer in Italien üblichen Fahrzeughypothek durch das Sicherungsrecht belastet ist und damit nicht frei von Rechten Dritter.

Hier haftet der Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung für die Freiheit von Rechtsmängeln.

Achtung beim Kauf von privat: Einige Kaufvertragsformulare sehen einen Ausschluss der Rechtsmangelhaftung beim Privatkauf vor, andere hingegen nur einen Ausschluss der Sachmangelhaftung. Hier lohnt ein genauer Blick in den Vertragstext.


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