LG Frankfurt a.M., Urteil v. 21.01.2016, Az. 2-03 O 505/13.

Zusammenfassung

Dieses Problem hatte bereits in der Vergangenheit die Gerichte beschäftigt, jetzt trifft es KIA. Der Hersteller muss unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zu seiner Datenbank mit fahrzeugspezifischen Informationen gewähren.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, im Hinblick auf solche Fahrzeuge, für die sie eine Systemgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 einschließlich der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 besitzt, die Daten zur Identifikation der in diesen Fahrzeugen verbauten Fahrzeugteile unabhängigen Marktteilnehmern entsprechend der Definition in Art. 3 Ziff. 15 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in elektronischer Form zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung auf Anfrage, jedenfalls gegen angemessenes und verhältnismäßiges Entgelt, zur Verfügung zu stellen, wobei

2. a) diese Daten alle Teile erfassen müssen, mit denen das durch die Fahrzeug­-ldentifizierungsnummer (VIN) und zusätzliche Merkmale wie Radstand, Motorleistung, Ausstattungsvariante oder Optionen in der Datenbank identifizierte Fahrzeug ausgerüstet ist und für die den KIA-Vertragshändlern und -Werkstätten in Deutschland entsprechende Original-Ersatzteile angeboten werden und

b) diese elektronische Datenbank alle Fahrzeug-Identifizierungsnummern (VIN) dieser Fahrzeuge, die den so identifizierten Fahrzeugen zugeordneten Original­-Ersatzteilnummem, die Originalteilbezeichnungen, Gültigkeitsangaben (Gültigkeitsdaten von-bis), Einbaumerkmale und – soweit vorhanden – strukturbezogene Merkmale umfasst und

c) die vorgenannten Daten regelmäßig zu aktualisieren sind, wobei diese Aktualisierungen insbesondere die in Einzelfahrzeugen nach ihrer Herstellung vorgenommenen Änderungen enthalten, sofern diese Veränderungen auch in den Ersatzteilkatalogen enthalten sind, die den KIA-Vertragshändlern bzw. – Werkstätten in Deutschland zur Verfügung stehen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist wegen des Ausspruchs in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 250.000,- vorläufig vollstreckbar, wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Zugang zu Daten über Kraftfahrzeuge.

Der Kläger ist der Branchenverband und die politische Interessenvertretung des Kfz-Teile­-Großhandels, in dem auch Unternehmen der Kfz-Teile-Industrie organisiert sind. Seiner Satzung nach verfolgt er u.a. das Ziel, die gemeinsamen Interessen des freien Kfz­ Teilehandels in Deutschland zu schützen und zu fördern.

Die Beklagte ist ein südkoreanischer Kraftfahrzeughersteller und Teil des H.-Konzerns. Dabei übernimmt im Konzern die K. GmbH den Import und Verkauf der Fahrzeuge der Marke KIA über ihre Vertragshändler.

Jedes (u.a.) von der Beklagten gebaute Fahrzeug verfügt über eine eindeutige Fahrzeugidentifikationsnummer (vehicle identification number, VIN, ähnlich der früheren Fahrgestellnummer). Zur Vergabe einer solchen VIN für jedes Fahrzeug sind Fahrzeughersteller verpflichtet. Sie speichern die VIN in entsprechenden eigenen Datenbanken.

Zusätzlich speichern Fahrzeughersteller, auch die Beklagte, suchbar über die VIN für jedes Fahrzeug alle darin verbauten Komponenten. Die VIN kann daher für ein konkretes Fahrzeug auch dazu dienen, ein konkretes im Einzelfall benötigtes Ersatzteil zu ermitteln. Dabei aktualisieren Fahrzeughersteller intern diese Daten, z.B. wenn ein Ersatzteil generell durch ein anderes ersetzt wird. Ist ein Bauteil defekt, kann dadurch festgestellt werden, welches Ersatzteil des Fahrzeugherstellers zum Austausch geeignet ist.

Potentiellen Nutzern steht gegen Entgelt auf der Webseite www…..com ein Informationsportal, genannt K. Global Service Way (GSW), zur Verfügung. Auf diesem können Nutzer über die VIN nach Fahrzeugen suchen und Daten wie Modelljahr, Baujahr, Hubraum etc. erhalten. Hierüber können auch K.-Original-Ersatzteile ermittelt werden. Auch Baugruppen und Komponentenbezeichnungen können gesucht werden. Weiter steht auf der Webseite der Teilekatalog (Web Parts Catalog, WPC) zur Verfügung. Der Zugang zu den Systemen wird Vertragshändlern und -werkstätten ebenso wie anderen Marktteilnehmern gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Der Zugang kostet für eine Stunde € 5,-, für einen Tag € 15,-, für eine Woche € 60,-, für 30 Tage € 150,- und für 365 Tage € 900,-.

Eigentümer der entsprechenden Datenbank ist ein Unternehmen der H. Konzerngruppe, nicht die Beklagte.

Mit Schreiben vom 25.10.2011 forderten 29 Unternehmen, vorwiegend Mitglieder des Klägers, von der Beklagten den Zugang zu allen Daten zur Identifikation von Ersatzteilen in elektronischer Form. Dies wies die Beklagte mit Schreiben vom 14.03.2012 zurück. Mit Schreiben vom 22.07.2013 mahnte die Firma W. GmbH & Co. KG die Beklagte ab.

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei Inhaberin von Systemgenehmigungen nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 (im Folgenden: „Euro5/6-VO“) einschließlich der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 (im Folgenden: „Durchführungs-VO“) für Fahrzeuge der Marke „KIA“.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte ihm und seinen Mitgliedern als unabhängigen Marktteilnehmern unbeschränkten Zugang auf die mit der VIN verknüpften Daten gewähren müsse. Dies ergebe sich aus der Euro5/6-VO, der Durchführungs-VO sowie dem Anhang zur Durchführungs-VO in der durch die Änderungsverordnung 566/2011 zur Euro5/6-VO (im Folgenden ,,Änderungs-VO“) bestehenden Fassung. Dies sei auch die Auffassung der EU Kommission. Diese Normen seien auch als Marktverhaltensregel nach § 4 Nr. 11 UWG (a.F.) anzusehen. Die Beklagte müsse die Daten in elektronischer, weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung stellen. Daher müsse Zugang auf die in der Datenbank hinterlegten Daten selbst in ihrer Gesamtheit gewährt werden.

Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung (BI. 707 f. d.A.) den zuvor in der Klageschrift angekündigten Hilfsantrag zurückgenommen und den Hauptantrag ergänzt.

Er beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, im Hinblick auf solche Fahrzeuge, für die sie eine Systemgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 einschließlich der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 besitzt, die Daten zur Identifikation der in diesen Fahrzeugen verbauten Fahrzeugteile unabhängigen Marktteilnehmern entsprechend der Definition in Art. 3 Ziff. 15 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in elektronischer Form zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung auf Anfrage, jedenfalls gegen angemessenes und verhältnismäßiges Entgelt, zur Verfügung zu stellen, wobei

  1. a) diese Daten alle Teile erfassen müssen, mit denen das durch die Fahrzeug­-ldentifizierungsnummer (VIN) und zusätzliche Merkmale wie Radstand, Motorleistung, Ausstattungsvariante oder Optionen in der Datenbank identifizierte Fahrzeug ausgerüstet ist und für die den KIA-Vertragshändlern und -Werkstätten in Deutschland entsprechende Original-Ersatzteile angeboten werden und
  1. b) diese elektronische Datenbank alle Fahrzeug-ldentifizierungsnummern (VIN) dieser Fahrzeuge, die den so identifizierten Fahrzeugen zugeordneten Original­-Ersatzteilnummern, die Originalteilbezeichnungen, Gültigkeitsangaben (Gültigkeitsdaten von-bis), Einbaumerkmale und – soweit vorhanden – strukturbezogene Merkmale umfasst und
  1. c) die vorgenannten Daten regelmäßig zu aktualisieren sind, wobei diese Aktualisierungen insbesondere die in Einzelfahrzeugen nach ihrer Herstellung vorgenommenen Änderungen enthalten, sofern diese Veränderungen auch in den Ersatzteilkatalogen enthalten sind, die den KIA-Vertragshändl ern bzw. – Werkstätten in Deutschland zur Verfügung stehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt mit ihrer Klageerwiderung die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt a.M.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers.

Die Beklagte trägt vor, dass die Systemgenehmigung nach Anlage B1 auf die K. Slowakia s.r.o. ausgestellt sei. Sämtliche Systemgenehmigungen ihrer Fahrzeuge seien durch die H. GmbH als „Repräsentant“ beantragt worden.

Die Beklagte ist der Auffassung, es sei ausreichend, wenn sie unabhängigen Marktteilnehmern einen Zugang „über das lnternet“, also ihr Web-Formular, gewährt. Die Daten, auf die der Kläger Zugriff nehmen wolle, seien als urheberrechtlich geschützt anzusehen. Da sie nicht Inhaberin der entsprechenden Datenbank sei, könne sie die geforderten Rechte nicht einräumen.

Der Klageantrag sei zu weit gefasst. Der Kläger könne den Zugang zu Daten für Fahrzeuge nicht verlangen, die nicht in Deutschland in Verkehr gebracht wurden und werden. Mit dem Hauptantrag begehre der Kläger unentgeltlichen Zugang zu den Daten.

Die Akte der Kammer in der Parallelstreitsache des Klägers gegen die K. Deutschland GmbH, Az. 2-03 0 332/13, war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Frankfurt a.M. ist international und örtlich gemäß §§ 14 UWG, 32 ZPO zuständig. Insbesondere hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung rügelos eingelassen, § 39 ZPO. Darüber hinaus liegt der Erfolgsort des von dem Kläger geltend gemachten Wettbewerbsverstoßes in Deutschland und auch im Gerichtsbezirk des Landgerichts Frankfurt a.M., da auch hier Fahrzeuge verkauft und vertrieben werden.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Gewährung von Zugang zu den begehrten Daten aus §§ 4 Nr. 11 (bzw. § 3a n.F.), 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 6 der Euro5/6-VO in Form eines Beseitigungsanspruchs verlangen. Denn die Beklagte ist ihrer Pflicht zur Gewährung von Zugang nicht in hinreichender Form nachgekommen.

  1. Ein Anspruch aus §§ 4 Nr. 11 (bzw. § 3a n.F.), 8 Abs. 1 UWG ist gegeben, wenn eine geschäftliche Handlung vorliegt und gegen eine gesetzliche Regelung verstoßen wird, die als Marktverhaltensregel nach § 4 Nr. 11 UWG (bzw. § 3a n.F.) anzusehen ist (Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 20.15, § 4 Rn. 11.23 ff.). Zudem muss der Kläger berechtigt sein, diesen Anspruch geltend zu machen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
  1. Der Kläger ist aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Denn es handelt sich bei ihm um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung der Interessen seiner Mitglieder. Der Kläger kann insoweit auch verlangen, dass die Beklagte Zugang „unabhängigen Marktteilnehmern“ gewährt. Denn durch den hier streitgegenständlichen Verstoß der Beklagten werden nicht nur die Interessen der Mitglieder des Klägers betroffen, sondern kollektive Mitbewerberinteressen in Form der Interessen der „unabhängigen Marktteilnehmer“ nach Art. 3 Nr. 15 Euro5/6-VO (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn. 3.51).

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass der Kläger nicht Beseitigung durch Gewährung des Zugangs für unabhängige Marktteilnehmer, sondern nur durch Gewährung des Zugangs für seine Mitglieder verlangen kann, folgt die Kammer dem nicht. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch laufen häufig parallel, wenn die Nichtbeseitigung gleich bedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn. 1.72). Dies ist hier der Fall, denn der Beklagte könnte auch Unterlassung verlangen. Da nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG der klagende Verband auch Kollektivinteressen wahrnehmen kann (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn. 3.51), kann er von der Beklagten auch Beseitigung dahingehend verlangen, dass sie zukünftig den in Art. 6 Euro5/6-VO genannten „unabhängigen Marktteilnehmern“ Zugang gewährt.

  1. Die Beklagte ist auch taugliche Adressatin des geltend gemachten Anspruchs (Passivlegitimation dem Grunde nach). Die Beklagte ist „Hersteller“ im Sinne der Richtlinie 2007/46/EG (Rahmenrichtlinie). Nach Art. 3 Nr. 27 der Rahmenrichtlinie ist als „Hersteller“ zunächst derjenige anzusehen, der für die Belange des Genehmigungsverfahrens sowie für die Sicherstellung der Übereinstimmung der Produktion verantwortlich ist. Ferner ist nach Art. 3 Nr. 28 der Rahmenrichtlinie auch der „Bevollmächtigte“ als „Hersteller“ anzusehen.

Soweit die Beklagte bestreitet, Inhaberin von Systemgenehmigungen für die Fahrzeuge der Marke „KIA“ zu sein, folgt die Kammer dem jedenfalls nicht dahingehend, dass die Beklagte über keine Systemgenehmigungen für KIA-Fahrzeuge verfügt. Es kann diesbezüglich dahinstehen, ob die Beklagte Inhaberin von Systemgenehmigungen für „sämtliche“ Fahrzeuge der Marke „KIA“ ist.

Die Beklagte selbst hat in der Klageerwiderung zunächst nur zu einem konkreten Fahrzeugtyp vorgetragen, dass nicht sie, sondern eine slowakische Tochter die Inhaberin der Systemgenehmigung sei. Der Kläger hat daraufhin substantiiert vorgetragen, dass für eine Vielzahl von Fahrzeugen der Marke ,,KIA“ die Beklagte Inhaberin der Systemgenehmigungen sei. Hierauf hat die Beklagte erwidert, dass sämtliche Typgenehmigungen von einem Unternehmen des Hyundai-Konzerns als „Repräsentant“ beantragt worden seien. Damit hat sie jedoch zunächst nicht mehr hinreichend substantiiert in Abrede gestellt, dass sie selbst Inhaberin von Systemgenehmigungen für verschiedene Fahrzeuge der Marke „KIA“ ist. Auch soweit sie sich auf die „Repräsentanten“-Stellung eines anderen Unternehmens beruft, ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die „Repräsentation“ im Sinne einer Vertretung der Beklagten im Rahmen des Antragsverfahrens dazu führen würde, dass der Repräsentant als Vertreter und nicht der Vertretene Inhaber der Systemgenehmigungen würde. Ferner ist nach Art. 3 Nr. 28 der Rahmenrichtlinie der „Bevollmächtigte“ neben dem „Hersteller“ als solcher anzusehen, so dass die Einschaltung eines Bevollmächtigten an der Herstellereigenschaft nichts ändert.

Mit Schriftsatz vom 06.11.2015 hat die Beklagte sodann in Abrede gestellt, dass sie Inhaberin der Systemgenehmigungen für „sämtliche“ KIA-Fahrzeuge sei. Weiter würden KIA-Fahrzeuge in verschiedenen Produktionsstädten des KIA-Konzerns hergestellt, so dass es auch verschiedene Hersteller im Sinne von Art. 3 Nr. 27 der Richtlinie 2007/46/EG gebe. Auch durch diesen Vortrag hat die Beklagte aber nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass sie – jedenfalls für die vom Kläger vorgetragenen Modellreihen und gegebenenfalls weitere – Inhaberin von Systemgenehmigungen ist.

Dies kann im Ergebnis auch dahinstehen. Denn soweit die Beklagte für einzelne Fahrzeugtypen tatsächlich nicht Inhaberin von Systemgenehmigungen ist, sind diese Fahrzeuge nach der insoweit eindeutigen Formulierung des Klageantrages auch nicht erfasst. Die Verpflichtung der Beklagten besteht nach dem Klageantrag nämlich nur für solche Fahrzeuge, für die sie Inhaberin der Systemgenehmigungen ist.

  1. Soweit die Beklagte rügt, dass der Antrag zu weit gefasst sei, da er auch Fahrzeuge erfasse, die nicht in Deutschland auf den Markt gebracht worden seien, führt dies nicht dazu, dass der Klageantrag insoweit teilweise zurückzuweisen wäre. Nach der Antragsformulierung sind solche Fahrzeuge erfasst, für die die Beklagte Inhaberin europäischer Systemgenehmigungen ist. Der Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass sich die vom Kläger gewählte wettbewerbsrechtliche Anspruchsnorm allein auf Verletzungen des Wettbewerbsrechts in Deutschland bezieht. Zu berücksichtigen ist jedoch. dass die Genehmigung von Fahrzeugen ebenso wie die Bewegung von Fahrzeugen in Europa europäisch geprägt ist. Es ist der Kammer aus eigener Anschauung bekannt, dass im europäischen Ausland zugelassene Fahrzeuge auch in Deutschland genutzt werden. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass auch solche Fahrzeuge in Deutschland repariert werden müssen, z.B. bei einem Unfall in Deutschland. Stehen die für ein im europäischen Ausland zugelassenes Fahrzeug erforderlichen Daten der Reparaturwerkstatt jedoch nicht zur Verfügung, weil die Beklagte ihren Pflichten aus Art. 6 der Euro5/6-VO nicht nachgekommen ist, wirkt sich dieser Verstoß hinsichtlich eines im europäischen Ausland zugelassenen Fahrzeuges unmittelbar in Deutschland aus.

Wenn die Beklagte rügt, dass auch Fahrzeuge erfasst seien, die im außereuropäischen Ausland in Verkehr gebracht wurden, sind diese jedenfalls nach Auslegung des Klageantrages und der Klageschrift nicht erfasst. Denn für Fahrzeuge, die im außereuropäischen Ausland in Verkehr gebracht wurden oder werden, dürfte eine Systemgenehmigung nach den europäischen Verordnungen nicht erforderlich sein. Diese sollen daher erkennbar nicht vom Klagebegehren umfasst sein.

Auch die klägerische Antragsfassung begegnet hier keinen Bedenken.

Der Kläger begehrt mit seinem Antrag die Verpflichtung zur Informationszugangsgewährung. Dies ist – auch vor dem Hintergrund der vom Kläger angeführten BGH-Entscheidung „Porsche-Tuning“ (BGH, Urt. v. 06.10.2015 – KZR 87/13 Rn. 25 – Porsche-Tuning) – als Beseitigungsanspruch von § 8 Abs. 1 UWG erfasst.

Im Übrigen wiederholt der Antrag im Wesentlichen die Regelungen der Verordnungen. Dabei ist es unschädlich, dass der Antrag auslegungsbedürftige Begriffe enthält, da durch die Auslegung des Antrags durch das Gericht die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2015 – KZR 87/13 Rn. 23 -Porsche-Tuning).

Auch die Formulierung des Klägers, dass die Daten „in elektronischer Form zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung“ zur Verfügung gestellt werden sollen, ist mit den einschlägigen Regelungen vereinbar.

  1. Es handelt sich bei den im Streit stehenden Regelungen um solche im Interesse der Marktteilnehmer.

Hierfür muss die Regelung zumindest auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Köhler/Bornkamm. a.a.O., § 4 Rn. 11.33). Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Eine Vorschrift wird nur dann von §4 Nr. 11 UWG (bzw. § 3a UWG n.F.) erfasst, wenn sie (zumindest auch) den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (BGH GRUR 2010, 654 Rn. 18 – Zweckbetrieb). Das Interesse der Mitbewerber an der Einhaltung einer Vorschrift durch alle auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen ist für sich allein dagegen nicht ausreichend. Denn die Schaffung gleicher Voraussetzungen für alle Mitbewerber ist in der Regel nicht der Zweck, sondern die Folge einer gesetzlichen Regelung (Köhler, NJW 2002,

2761, 2762). Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen Zweck oder nur Folge der Vorschrift ist. Dem Interesse der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer dient eine Norm, wenn sie deren Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit in Bezug auf die Marktteilnahme schützt; darüber hinaus auch dann, wenn sie den Schutz von Interessen, Rechten und Rechtsgütern dieser Personen bezweckt.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den hier im Streit stehenden Regelungen der Euro5/6-VO und der Durchführungs-VO um Marktverhaltensregeln nach § 4 Nr. 11 UWG (bzw. § 3a UWG n.F.).

Aus Erwägungsgrund 12 der Anderungs-VO zur Euro5/6-VO (566/2011) geht hervor, dass ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für Fahrzeug-Reparaturdienste gewährleistet werden soll. Nur so sei gewährleistet, dass der gesamte unabhängige Markt für Fahrzeug-Reparatur- und Wartung mit autorisierten Händlern konkurrieren könne.

Erwägungsgrund 8 der Euro5/6-VO stellt ebenfalls auf einen wirksamen Wettbewerb für Fahrzeug-Reparatur und -Wartung ab. Der unbeschränkte Zugang sei hierfür notwendig.

Die Mitglieder des Klägers sind auch unabhängige Marktteilnehmer im Sinne der entsprechenden EU-Verordnungen. Art. 3 Nr. 15 Euro5/6-VO definiert unabhängige Marktteilnehmer als „Unternehmen, die keine autorisierten Händler oder Reparaturbetriebe sind und die direkt oder indirekt an der Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen beteiligt sind, insbesondere Reparaturbetriebe, Hersteller oder Händler von Werkstattausrüstung, Werkzeugen oder Ersatzteilen, …“. Zusätzlich gibt Art. 14 der Durchführungs-VO auch einem Wirtschaftsverband, der unabhängige Marktteilnehmer vertritt, ein Recht zur Beschwerde.

Danach sind Unternehmen, die Ersatzteile für Kraftfahrzeuge herstellen, wie hier die Mitglieder des Klägers, als unabhängige Marktteilnehmer anzusehen.

Der Kläger ist als Verband auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Die Regelungen dienen auch der Förderung des Wettbewerbs. Denn sie haben gerade den Zweck, gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen, wie Erwägungsgrund 12 der Änderungs-VO zur Euro5/6-VO (566/2011) deutlich macht. Art. 6 der Euro5/6-VO verpflichtet dementsprechend Hersteller von Kraftfahrzeugen, den unabhängigen Marktteilnehmern, die Wettbewerber des Herstellers oder seiner autorisierten Werkstätten sind, Zugang zu Informationen zu gewähren.

  1. Die hier im Streit stehenden Regelungen der Euro5/6-VO und der Durchführungs-VO sind offensichtlich auch „gesetzliche Regelungen“ nach § 4 Nr. 11 UWG (bzw. § 3a UWG n.F.).
  1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch des Klägers auch nicht bereits aus dem Grunde ausgeschlossen, dass die nationalen Genehmigungsbehörden in Übereinstimmung mit Art. 6 Abs. 7 der Euro5/6-VO bescheinigt hätten, dass die Beklagte ihren entsprechenden Pflichten nachgekommen sei. Nach Art. 6 Euro5/6-VO

i.V.m Art. 14 Nr. 2, 3 Durchführungs-VO kann die Genehmigungsbehörde im Falle der Missachtung von Art. 6 der Euro5/6-VO zunächst „geeignete Schritte“ einleiten, um „Abhilfe zu schaffen“, wozu „auch der Entzug oder die Aussetzung der Typgenehmigung, Bußgelder oder sonstige Maßnahmen“ gehören können. Die Euro5/6-VO sieht dementsprechend die Möglichkeit vor, dass trotz Erteilung der Systemgenehmigung der Hersteller sich in Widerspruch zu seiner Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 Euro5/6-VO setzen kann. Vor diesem Hintergrund hat die Erteilung der Genehmigung keine Ausschlusswirkung gegenüber wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen.

  1. Zwischen den Parteien steht die Auslegung der hier zu Grunde zu legenden Verordnungen im Streit. Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass sie die Pflichten durch Bereitstellung ihrer Teiledatenbank sowie des KIA GSW auf der Webseite www.kia-hotline.com vollständig erfüllt habe, da sie allen Marktteilnehmern gegen entsprechende Vergütung Zugang hierzu gewähre.

Die Klägerin hingegen ist der Auffassung, dass die Beklagte den unabhängigen Marktteilnehmern die Daten in elektronischer, weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung stellen müsse, wobei die Daten regelmäßig zu aktualisieren seien. Daher müsse Zugang auf die in der Datenbank hinterlegten Daten selbst in ihrer Gesamtheit gewährt werden.

Kern des Rechtsstreits ist daher die Auslegung der hier einschlägigen Verordnungen und der sich daraus ergebenden Pflichten. Hierbei sind die einschlägigen Normen zu berücksichtigen.

  1. Der Auslegung zu Grunde zu legen sind insbesondere die folgenden Normen.

Nach Art. 6 der Euro5/6-VO gilt:

„(1) Der Hersteller gewährt unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise und so, dass gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe oder der Informationsbereitstellung für diese keine Diskriminierung stattfindet. Zur besseren Erreichung dieses Ziels werden die Informationen einheitlich und zunächst gemäß den technischen Vorschriften des OASIS Formats (1) zur Verfügung gestellt. …

(2) Die in Absatz 1 genannte Information umfasst:

  1. a) die eindeutige Identifizierung des Fahrzeugs, …
  2. d) lnformationen über Bauteile und Diagnose (z. B. untere und obere Grenzwerte für Messungen), …

(8) Der Hersteller macht Änderungen und Ergänzungen seiner Reparatur„ und Wartungsinformation im Internet zum selben Zeitpunkt zugänglich, zu dem er sie seinen autorisierten Reparaturbetrieben zur Verfügung stellt.“

Reparatur- und Wartungsinformationen werden in Art. 3 Nr. 14 der Euro5/6-VO legaldefiniert wie folgt:

„Reparatur- und Wartungsinformationen“ [sind] sämtliche für Diagnose, Instandhaltung, Inspektion, regelmäßige Überwachung, Reparatur, Neuprogrammierung oder Neuinitialisierung des Fahrzeugs erforderlichen Informationen, die die Hersteller ihren autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben zur Verfügung stellen, einschließlich aller nachfolgenden Ergänzungen und Aktualisierungen dieser Informationen. Diese Informationen umfassen auch sämtliche Information, die für den Einbau von Teilen oder Ausrüstung in ein Fahrzeug erforderlich sind;

Hierzu erläutert Erwägungsgrund 8 der Euro5/6-VO:

„Unbeschränkter Zugang zu den für die Fahrzeugreparatur notwendigen Informationen über ein standardisiertes Format zum Auffinden technischer Informationen und ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für Fahrzeug­-Reparatur- und -Wartungsinformationsdienste sind für ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts notwendig, … Es ist angebracht, technische Spezifikationen für die Bereitstellung solcher lnformaüonen durch die Hersteller im Internet festzulegen sowie zweckmäßige Maßnahmen zu ergreffen, um einen angemessenen Zugang für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sicherzustellen. Gemeinsame Normen, die unter Einbeziehung der Akteure vereinbart werden, wie etwa das OASIS-Format (1), können den Informationsaustausch zwischen Herstellern und Dienstleistern erleichtern. Es ist daher angebracht, zunächst die Anwendung der technischen Spezifikationen des OASIS-Formats zur Auflage zu machen und die Kommission zu bitten, GEN/ISO um die Weiterentwicklung des Formats in einer Norm im Hinblick darauf zu ersuchen, dass das OASIS-Format zu gegebener Zeit ersetzt wird.“

Art. 7 der Euro5/6-VO sieht vor, dass der Hersteller für den Zugang eine angemessene und verhältnismäßige Gebühr erheben kann. Diese dürfe keine abschreckende Wirkung zeigen, indem der Umfang der Nutzung durch unabhängige Marktteilnehmer nicht berücksichtigt wird. Die Gebühr ist nach Tag, Monat oder Jahr, also nach der Dauer des Zugangs, zu staffeln.

Art. 8 der Euro5/6-VO eröffnet die Möglichkeit, eine Durchführungs-VO zu erlassen:

„Die zur Durchführung der Artikel 6 und 7 erforderlichen Maßnahmen, die eine Änderung nicht wesentlicher Elemente dieser Verordnung durch deren Ergänzung bewirken, werden nach dem in Artikel 15 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. Dazu gehören auch die Festlegung und Aktualisierung technischer Spezifikationen für die Bereitstellung von … Reparatur- und Wartungsinformationen …“

Art. 13 der Durchführungs-VO („Zugang zu Informationen über OBD-Systeme sowie Reparatur- und Wartungsinformationen von Fahrzeugen“) enthält u.a. folgende Regelung:

„1. Die Hersteller treffen die erforderlichen Vorkehrungen gemäß Artikel 6 und Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 71512007 sowie Anhang XIV der vorliegenden Verordnung, um sicherzustellen, dass die Informationen über OBD-Systeme sowie Reparatur- und Wartungsinformationen von Fahrzeugen leicht und unverzüglich zugänglich sind.“

Anhang XIV zur Durchführungs-VO („Zugang zu Informationen über 080-Systeme sowie Reparatur und Wartungsinformationen von Fahrzeugen“) in der Fassung der Änderungs-VO zur Euro5/6-VO lautet u.a.:

„1.1. Dieser Anhang enthält die technischen Vorschriften für die Zugänglichkeit der Informationen über OBD-Systeme sowie Reparatur und Wartung von Fahrzeugen.

2.1. Aus dem Internet abrufbare Informationen über … Reparatur- und Wartungsinfonnationen müssen den technischen Spezifikationen des OASIS­ Dokuments SC2-D5, Format für Kraftfahrzeug-Reparaturinformationen, Fassung 1.0, vom 28. Mai 2003 (1), und der Abschnitte 3.2, 3.5 (ausgenommen 3.5.2), 3.6, 3.7 und 3.8 des OASIS-Dokuments SC1-D2, Spezifikationsvorschriften Autoreparatur, Fassung 6.1, vom 10.1.2003 (2), entsprechen, … Solche Informationen müssen ständig verfügbar sein und dürfen nur für die Pflege der Website gesperrt werden. Ober Genehmigungen für eine Reproduktion oder Republikation der Informationen ist unmittelbar mit dem betreffenden Hersteller zu verhandeln. …

Informationen über alle Fahrzeugteile, mit denen das durch Fahrzeug­ ldentifizierungsnummer (VIN) und zusätzliche Merkmale wie Radstand, Motorleistung, Ausstattungsvariante oder Optionen identifizierbare Fahrzeug vom Hersteller ausgerüstet ist, und die durch Ersatzteile – vom Fahrzeughersteller seinen Vertragshändlem und -werkstätten oder Dritten zur Verfügung gestellt – anhand der Originalteil-Nummer ausgetauscht werden können, sind in einer unabhängigen Marktteilnehmern leicht zugänglichen Datenbank bereitzustellen.

Diese Datenbank enthält die VIN, die Originalteil-Nummern, die Originalteilbezeichnungen, Gültigkeitsangaben (Gültigkeitsdaten von-bis), Einbaumerkmale und gegebenenfalls strukturbezogene Merkmale.

Die in der Datenbank enthaltenen Angaben sind regelmäßig zu aktualisieren. Die Aktualisierungen müssen insbesondere alle an Einzelfahrzeugen nach ihrer Herstellung vorgenommenen Veränderungen enthalten, sofern diese Angaben Vertragshändlem zur Verfügung stehen.

2.7. Die Hersteller müssen auf ihren Websites mit Reparaturinformationen die Typgenehmigungsnummer fürjedes Modell angeben.

2.8. Für den Zugang zu ihren Websites mit Reparatur- und Wartungsinformationen müssen die Hersteller angemessene und verhältnismäßige Gebühren pro Stunde, Tag, Monat und Jahr sowie pro Einzeltransaktion festlegen.“

In Anlage 1 zu Anhang XIV zur Durchführungs-VO heißt es u.a.:

„Die Adressen der wichtigsten Websites, über welche die betreffenden Informationen abgerufen werden können und deren Übereinstimmung mit den obigen Bestimmungen hiermit bestätigt wird, sind in der Anlage zu dieser Bescheinigung zusammen mit den Kontaktdaten des nachstehend unterzeichneten verantwortlichen Vertreters des Herstellers aufgeführt.“

Dies wird durch die Erwägungsgründe 12 und 18 der Änderungs-VO zur Euro5/6-VO erläutert:

„(12) Es besteht weiterer Klärungsbedarf in Bezug auf die genauen Angaben der gemäß Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorzulegenden Informationen, damit ein wirksamer Wettbewerb auf dem Marld für Fahrzeug-Reparatur- und Wartungsinformationsdienste gewährleistet und außerdem präzisiert werden kann, dass die betreffenden Informationen auch Informationen umfassen, die außer Reparaturbetrieben auch anderen unabhängigen Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen sind; nur so ist gewährleistet, dass der gesamte unabhängige Markt für Fahrzeug-Reparatur- und Wartung mit autorisierten Händlern konkurieren kann, unabhängig davon, ob der Fahrzeughersteller seinen autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben solche Informationen direkt zur Verfügung stellt oder nicht.

(18) Da derzeit kein gemeinsames strukturiertes Verfahren für den Austausch von Daten über Fahrzeugbauteile zwischen Fahrzeugherstellern und unabhängigen Marktteilnehmern zur Verfügung steht, ist es angebracht, Grundsätze für einen solchen Austausch zu entwickeln. Das Europäische Komitee für Normung (CEN) sollte ein gemeinsames strukturiertes Verfahren für das standardisierte Fonnat der ausgetauschten Daten als offizielle Norm entwickeln, jedoch sollte der an das CEN übertragene Normungsauftrag nicht den Detaillierungsgrad der Norm vorwegnehmen. Insbesondere sollte das CEN bei seiner Arbeit in gleicher Weise die Interessen und Bedürfnisse sowohl von Fahrzeugherstellem als auch von unabhängigen Marktteilnehmern berücksichtigen und auch nach Lösungen wie beispielsweise offenen Datenformaten suchen, die anhand klar definierter Meta­ Daten beschrieben werden, damit die bereits bestehende IT-Infrastruktur integriert werden kann.

  1. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass sie den Pflichten aus Art. 6 der Euro5/6-VO nachgekommen sei, indem sie die von dem Kläger begehrten Informationen über eine Webseite bereitstelle, zu der sich jeder anmelden und sie gegen Entgelt nutzen könne (siehe insbesondere Klageerwiderung, S. 13, BI. 205 ff. d.A.), folgt die Kammer dem nicht.

Nach Auffassung der Kammer ist es gerade nicht ausreichend, lediglich eine Webseite mit einem Suchfonnular zur Verfügung zu stellen, auch wenn in diesem Suchformular die VIN eingegeben und darüber die relevanten Informationen recherchiert werden können (siehe unten).

Für die Auslegung der Beklagten sprechen insbesondere die Ziffern 2.1, 2.7 und 2.8 des Anhangs XIV sowie dessen Anlage 1 zur Durchführungs-VO. Dort ist ausdrücklich von „Websites“ mit Reparaturinformationen die Rede.

Darüber hinaus finden sich für die Auslegung der Beklagten jedoch keine belastbaren Hinweise.

  1. Auch der Auffassung des Klägers, dass die Beklagte ihre Daten in elektronischer, weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung stellen muss, wobei die Daten regelmäßig zu aktualisieren seien und daher Zugang auf die in der Datenbank hinterlegten Daten selbst in ihrer Gesamtheit gewährt werden müsse, folgt die Kammer nicht. Vielmehr ist die vom Kläger vorgetragene Auffassung zu weit (siehe unten). Im Ergebnis trägt jedoch die Auslegung der Kammer (siehe unten) den Antrag des Klägers vollumfänglich.

Für die Auffassung des Klägers spricht insbesondere Ziffer 2.1 des Anhangs XIV zur Durchführungs-VO (in Fassung der Änderungs-VO). Danach sollen Hersteller verpflichtet sein, die Informationen in einer „leicht zugänglichen Datenbank bereitzustellen“. Die in der „Datenbank enthaltenen Angaben sind regelmäßig zu aktualisieren“.

Hieraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Hersteller den unabhängigen Marktteilnehmern die Datenbank in Gänze zur Verfügung stellen müssen. Grundlage der Verpflichtung der Hersteller ist, dass diese die zur Verfügung zu stellenden Informationen selbst vorrätig haben. Es liegt den angeführten Normen zu Grunde, dass die Hersteller hierfür eine „Datenbank“ verwenden. Die angeführten Normen regeln gerade die Art und Weise des Zugangs zu dieser Datenbank. Dies wäre nicht erforderlich, wenn der Hersteller verpflichtet wäre, diese Datenbank in Gänze den unabhängigen Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen und gleichsam seine Datenbank jeweils aktualisieren und erneut zum vollständigen Download zur Verfügung stellen müssen. Der Auslegung des Klägers widerspricht auch das vom europäischen Gesetzgeber angedachte Vergütungsmodell, das ein Entgelt nach zeitlicher Nutzung vorsieht. Müsste der Hersteller stets die gesamte Datenbank „zum Download“ zur Verfügung stellen, wäre die Nutzung für das gesamte Jahr nicht erforderlich. Vielmehr wäre es ausreichend, in regelmäßigen Abständen eine kurzzeitige Nutzung in Anspruch zu nehmen, um die aktuelle Version der gesamten Datenbank herunterzuladen.

Ferner wäre es bei einem Angebot der Datenbank im Rohformat nicht erforderlich, dass die Informationen – wie es Ziffer 2.1 des Anhangs XIV zur Durchführungs-VO vorsieht – ständig verfügbar sind und lediglich im Rahmen der „Pflege der Website“ gesperrt werden dürfen. Denn bei einem Komplettangebot könnten die unabhängigen Marktteilnehmer jeweils auf ihre lokale Kopie der Datenbank zugreifen und müssten beispielsweise nur einmal täglich die aktuelle Version oder Updates zur Datenbank herunterladen. Darüber hinaus ist der Beklagten zuzugeben, dass die Datenbank in ihrer Gesamtheit einem stärkeren Schutz unterliegt als die – wenn auch vollständige und unbeschränkte – Gewährung des Zugangs zu den Informationen in der Datenbank.

  1. Nach Auffassung der Kammer ist die Beklagte vielmehr verpflichtet, unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zu ihrer Datenbank über definierte Schnittstellen und Formate zu gewähren.

Ausgangspunkt der Auslegung der Pflichten des Herstellers sind zunächst Art. 6, 7 der Euro5/6-VO. Die Durchführungs-VO dient entsprechend Art. 8 der EuroS/6-VO lediglich der Konkretisierung und Umsetzung. Sie kann daher keine weitergehenden Pflichten enthalten. Andererseits kann die Durchführungs-VO aber Hinweise auf die vom Gesetzgeber intendierte Auslegung von Art. 6, 7 der Euro5/6-VO enthalten.

Nach Art. 6 Abs. 1 muss der Hersteller „über das Internet“ mithilfe eines „standardisierten Formats“ „uneingeschränkten“ und „standardisierten“ Zugang gewähren. Die Informationen sollen hierzu „einheitlich“ gemäß den „Vorschriften des OASIS Formats“ zur Verfügung gestellt werden.

Allein diese Formulierung spricht bereits deutlich gegen die Auslegung der Beklagten. Denn die Gewährung des Zugangs über ein Suchformular auf einer Webseite über das Internet würde keines „standardisierten“ Zugangs und keines „standardisierten Formats“ bedürfen. Insbesondere wäre nicht das OASIS-Format erforderlich. Denn einerseits ist ein Suchformular auf einer Webseite nicht „standardisiert“, sondern wird vom Ersteller der Webseite einseitig vorgegeben. Auf der anderen Seite erfolgt auch die Ausgabe von Daten auf einer Webseite nicht „standardisiert“, sondern wie es der Hersteller vorgibt.

Das OASIS-Format, auf das Art. 6 der Euro5/6-VO Bezug nimmt, sieht zwei typische Anwendungsfälle („Use Cases“) vor (OASIS SC2-D5 v1.0, S. 6):

„Use Gase One

To describe the information sought by Information Consumers in order to make a

repair. This includes information about the vehicle given its VIN.

Use Case Two

To describe information packages made available by Information Producers and Providers.“

Danach soll in Anwendungsfall 1 definiert werden, wie die Informationen zu einem konkreten Einzelfahrzeug beispielsweise nach Suche über die VIN aufgebaut ist. Im Anwendungsfall 2 werden „Informationspakete“ definiert.

Auch in der Übersicht zum sogenannten „Framework 11 (OASIS SC2-D5 v1.0, S. 7) ist von „Informationspaketen“ die Rede. Diese müssen durch eine URI („Uniform Resource ldentifier“, eine Form der eindeutigen Adressierung) adressiert werden können. Dies trifft auf die Suchergebnisse in einem Webseitenformular, wie es die Beklagte vertritt, nicht zu.

Dementsprechend ist Art. 6 Euro5/6-VO dahingehend auszulegen, dass die Hersteller auf Basis ihrer Datenbanken „Informationspakete“ in einem „standardisierten Format“ zur Verfügung stellen müssen. Dies wird gestützt durch Erwägungsgrund 18 der Euro5/6-VO, der ebenfalls von standardisierten Formaten und technischen Spezifikationen spricht. Nach Erwägungsgrund 18 der Änderungs-VO soll also über solche Informationspakete in einem „gemeinsamen strukturieren Verfahren für das standardisierte Formar“ ein „Austausch“ erfolgen.

Der Hersteller ist daher nach Art. 6 Euro5/6-VO verpflichtet, über das Internet ein System zur Verfügung zu stellen, über das mittels „strukturierter Verfahren“ und

„standardisierter Formate“ Informationen abgefragt werden können. Es muss den unabhängigen Marktteilnehmern daher ermöglicht werden, mittels eigener technischer Lösungen, aber unter Nutzung der strukturierten Verfahren und der standardisierten Formate die vom Hersteller zur Verfügung zu stellenden Informationen abzufragen und weiterzuverwenden. Dadurch soll ein „Austausch der lnformation“ stattfinden. Die genannten Regelungen verpflichten also den Hersteller zur Bereitstellung eines klassischen Internetdienstes (im Folgenden wird das entsprechende System basierend auf strukturierten Verfahren und standardisierten Formaten nur noch als „der Internetdienst“ bezeichnet).

Hierfür spricht auch Erwägungsgrund 18 der Änderungs-VO, in dem klar formuliert wird, dass die Informationen in „bereits bestehende IT-Infrastruktur“ (der unabhängigen Marktteilnehmer) integriert werden können sollen. Gestützt wird dies durch die Verpflichtung und Zielsetzung, dass insbesondere auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Rücksicht genommen werden soll, wie dies in Art. 8 S. 2 und Erwägungsgrund 8 der Euro5/6-VO verlangt wird. Ferner spricht Erwägungsgrund 8 der Euro5/6-VO ausdrücklich auch von „Dienstleistern“. Gerade kleine und mittlere Betriebe dürften häufig bereits bestehende IT-Lösungen von unterschiedlichen Anbietern einsetzen. Durch die Verwendung von offenen, standardisierten Formaten und Verfahren zum Zugriff auf die benötigten Informationen können Dienstleister für die verschiedenen von unabhängigen Marktteilnehmern eingesetzten Systeme Lösungen zur Integration der von den Herstellern bereitgestellten Daten entwickeln.

Diese vom Gesetzgeber intendierte Lösung würde auch das Ziel der Förderung des Wettbewerbs durch unabhängige Marktteilnehmer wie den Mitgliedern des Klägers erreichen. Hersteller von Ersatzteilen könnten beispielsweise – anhand des Zugangs zu den Informationen über alle Bauteile eines Herstellers – eigene Datenbanken auf eigenen Systemen pflegen, die zu jedem Ersatzteil des Herstellers die Artikelnummer des eigenen, kompatiblen Ersatzteils enthält. Auf dieser Basis könnten sie Reparaturwerkstätten einen Dienst anbieten, der dem vergleichbar ist, was die Beklagte vorliegend für ihre Händler über das KIA GSW zur Verfügung stellt. So würde beispielsweise eine Reparaturwerkstatt auf dem System des unabhängigen Marktteilnehmers eine Anfrage nach der VIN eines konkreten Fahrzeugs stellen. Der unabhängige Marktteilnehmer könnte über den Internetdienst des Herstellers die Informationen zur VIN abrufen und der Reparaturwerkstatt alle Informationen zur Verfügung stellen sowie mittels der eigenen Datenbank den unmittelbaren Zugang zu den eigenen alternativen Ersatzteilen ermöglichen.

Mit diesem Verständnis der Kammer sind auch die übrigen angeführten Regelungen vereinbar.

So trifft den Hersteller nach Art. 6 Abs. 8 und Art. 8 S. 2 Euro5/6-VO sowie Ziffer 2.1 Abs. 4 des Anhangs XIV zur Durchführungs-VO die Pflicht, Änderungen und Ergänzungen seiner Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese Änderungen muss der Hersteller nach der obigen Auslegung lediglich in seine eigene Datenbank einpflegen, was die Beklagte nach dem Vortrag der Parteien bereits heute tut und auch andere Hersteller aus eigenem Interesse bereits durchführen werden. Es entsteht so kein zusätzlicher Aufwand für die Hersteller, da zu den aktualisierten Informationen der bereits bestehende Zugang über den Internetdienst gewährleistet ist.

In Einklang mit dieser Auslegung steht auch, dass der Hersteller verpflichtet wird, die Informationen „ständig verfügbar“ zu halten. Es soll danach den unabhängigen Marktteilnehmern zu Zeiten ihrer Wahl möglich sein, auf die zum konkreten Zeitpunkt benötigten Informationen zuzugreifen, beispielsweise, weil gerade ein Reparaturauftrag erteilt wurde.

Auch die Staffelung des Entgelts nach zeitlicher Nutzung entspricht den der Kammer bekannten Gepflogenheiten bei der Bereitstellung von Diensten über das Internet. Da hierfür Computersysteme ständig vorgehalten werden müssen, die Nutzer zu Zeitpunkten ihrer Wahl und in unterschiedlichem Umfang auf die Daten zugreifen wollen, sind an die zeitliche Nutzung gekoppelte Entgelte sinnvoll. So kann ein Reparaturbetrieb, der die Informationen nur unregelmäßig benötigt, z.B. jeweils bei einem konkreten Fall, den Zugang für eine Stunde oder einen Tag (entsprechend Ziffer 2.8 des Anhangs XIV zur Durchführungs-VO) buchen, während andere, größere unabhängige Marktteilnehmer, wie beispielsweise die Hersteller von Ersatzteilen, dauerhaften Zugang auf den Internetdienst buchen können.

Auch im Übrigen ist die Definition nach OASIS-Standard hiermit vereinbar. Insbesondere definiert OASIS gerade nicht das Format der Datenbank des Herstellers, was wiederum gegen die Auslegung des Klägers spricht. Die OASIS-Definition enthält hingegen Angaben zu einem „lmplementierungsszenario“ (OASIS SC2-D5 v1.0., S. 18).

Darin werden drei konkrete Internetdienste definiert:

„VIN Resolution SeNice

Returns meta data about a vehicle, given its VIN.

Information Package Registry

Returns meta data about information packages, given a descriptian of the type of information being sought.

Information Package Repository

Returns identified information packages, subject to necessary payment and access permissions.“

Näher beschrieben wird dies durch ein Schaubild (OASIS SC2-D5 v1.0, S. 19):

[Schaubild hier nicht abgebildet]

Die konkrete Implementierung hingegen enthält OASIS nicht (OASIS SC2-D5 v1.0, S. 18):

„Details of how these Internet services are implemented and how the messages are formulated, transported and interpreted are outside the scope of this Specification.“

Der Auslegung der Kammer steht auch nicht entgegen, dass im Anhang XIV zur Durchführungs-VO teilweise auf die „Webseite“ abgestellt wird. Denn insofern dürfte dies lediglich als Form der Adressierung des Internetdienstes gemeint sein.

  1. Den oben dargestellten Anforderungen wird das bisherige Angebot der Beklagten unstreitig nicht gerecht. Dementsprechend hat sie gegen ihre Pflichten aus Art. 6 Euro5/6-VO verstoßen.

Insoweit ist die Beklagte vorliegend für den geltend gemachten Anspruch auch passivlegitimiert, da sie bisher unabhängigen Marktteilnehmern über das K. GSW Zugang zu den Informationen gewährt hat und auch von daher Adressat der Verpflichtungen nach Art. 6 der Euro5/6-VO ist. Sie hat ihre Veranlwortlichkeit insoweit auch nicht in Abrede gestellt. Denn sie stellt nach eigenen Angaben ihren autorisierten Vertragshändlern und unabhängigen Marktteilnehmern sowie sämtlichen lnteressente Informationen zur Verfügung (Klageerwiderung vom 25.11.2014, BI. 214 f. d.A.). Auch hat die Beklagte angeboten, dass die K. Deutschland GmbH dem Gericht Zugang zum K. GSW verschaffen könne (Klageerwiderung vom 25.11.2014, BI. 215 d.A.). Über das K. GSW könnten Original-Ersatzteile bestellt werden (Klageerwiderung vom 25.11.2014, BI. 216 d.A.). Weiter hat sich die Beklagte selbst auf ein ihr zustehendes Datenbankurheberrecht berufen (Klageerwiderung vom 25.11.2014, BI. 208 d.A.).

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 14.10.2015 (BI. 639 ff. d.A.) dazu ausführt, dass die K. Deutschland GmbH jedenfalls als Teilnehmerin an der wettbewerbswidrigen Handlung der Beklagten anzusehen wäre, kam es vor diesem Hintergrund hierauf im vorliegenden Verfahren nicht an.

  1. Die Beklagte rügt weiter, dass sie nicht Inhaberin der Rechte an der streitgegenständlichen Datenbank sei. Sie könne daher entsprechende Rechte auch nicht einräumen.

Hierauf kommt es im Ergebnis nicht an. Denn die Beklagte wird durch die entsprechenden Regelungen der Verordnung als Herstellerin verpflichtet, Zugang über den oben dargestellten Internetdienst zu gewähren, nicht aber zur Einräumung von umfangreichen Rechten an den Inhalten, so dass eine Rechteeinräumung nicht erforderlich sein dürfte. Zusätzlich geht die Euro5/6-VO davon aus, dass der Hersteller die entsprechenden Datenbanken führt. Wenn der Hersteller sich nun seiner Rolle als Datenbankinhaber z.B. in einem Konzerngefüge bewusst begibt, kann dies nicht zur Vereitelung des Zugangsgewährungsanspruchs der unabhängigen Marktteilnehmer führen.

Darüber hinaus ist die Beklagte nach ihrem Vortrag bereits jetzt befugt, unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zum K. GSW zu gewähren. Die ihr zur Verfügung stehenden Rechte dürften daher auch für die Zugangsgewährung mittels des oben beschriebenen Internetdienstes ausreichen.

  1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte voll unterlegen ist. Die teilweise Klagerücknahme im Hinblick auf den Hilfsantrag wirkte sich nicht nach
  • 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auf die Kosten aus. Denn die Klage war nicht im Hauptantrag abzuweisen. Insoweit musste der hilfsweise gestellte Antrag nicht geprüft werden, nach dem das Gericht ein angemessenes Entgelt für die Zugangsgewährung festsetzen sollte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Hauptantrag des Klägers auch nich so zu verstehen, dass er zwingend einen unentgeltlichen Zugang zu den gewünschten Daten bzw. dem gewünschten Dienst erhalten will. Dies folgt auch nicht aus dem hilfsweise gestellten Antrag. Der Kläger hat in seiner Klageschrift dargestellt (S. 20, BI. 44 d.A.), dass sich der Hauptantrag auf die Gewährung des Zugangs richtet, von einer unentgeltlichen Zugangsgewährung spricht er insoweit nicht. Der Hilfsantrag soll nur zum Tragen kommen (S. 22, BI. 46 d.A.), wenn die Kammer im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung eines Entgelts den Klageantrag zu 1. ablehnen würde. Der Kläger weist aber zu Recht darauf hin, dass es nach Art. 7 Abs. 1 der Euro5/6-VO in der Wahl des Herstellers liegt, ob er ein Entgelt verlangt. Dies hat er mit der Umformulierung seines Antrages in der mündlichen Verhandlung auch deutlich gemacht.

Diese Wahl der Beklagten kann die Kammer nicht vorwegnehmen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Beklagte die Zugangsgewährung nach der Auslegung der Kammer ohnehin umstellen muss. In diesem Zuge obliegt ihr die Entscheidung, ob sie an den bisher verlangten Entgelten festhält, ob sie also den Zugang unentgeltlich1 zu den bisherigen oder zu anderen Entgelten gewährt. Wenn sich die Beklagte dafür entscheidet, den Zugang nur entgeltlich zu gewähren, mag deren Angemessenheit oder Verhältnismäßigkeit nach Art. 7 Abs. 1, 2 der Euro5/6-VO, Ziffer 2.8 des Anhangs XIV zur Durchführungs-VO gerichtlich überprüfbar sein. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits.

  1. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
  1. Auf den nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 01.12.2015 war dem Kläger nicht erneut rechtliches Gehör zu gewähren. Auch war die mündliche Verhandlung nicht nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Denn der Schriftsatz enthält im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015 gewährte Stellungnahmefrist auf den Schriftsatz des Klägers vom 11.11.2015 keinen neuen entscheidungserheblichen Vortrag. Auf die Frage, ob andere Hersteller Zugang zu ihren Daten gewährt haben, kam es für das vorliegende Verfahren nicht an.

Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 01.12.2015 neuen Sachvortrag erhoben hat, der sich nicht auf den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 11.11.2015 bezog, war dieser neue Vortrag nach § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen, da er nach Schluss der mündlichen Verhandlung erging. Auch insoweit war dem Kläger keine erneute Stellungnahmemöglichkeit zu gewähren oder die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

Auch auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 26.11.2015 (BI. 718 ff. d.A.) war der Beklagten nicht erneut rechtliches Gehör zu gewähren. Der darin enthaltene Sachvortrag wurde erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben und ist damit verspätet, § 296a ZPO. Im Übrigen kam es für das vorliegende Verfahren auf die Frage, ob andere Hersteller Zugang zu ihren Daten gewährt haben, nicht an.

Die Kammer hat den von den Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhobenen rechtlichen Vortrag berücksichtigt.