LG Bautzen, Beschluss vom 20. Juli 2005 – 2 O 339/05.

Orientierungssatz

Bei Abschluss des Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen wird stillschweigend vorausgesetzt, dass das Fahrzeug in einem Jahr gebaut worden ist, auf das der Zeitpunkt der Erstzulassung schließen lässt. Diese Annahme gilt auch dann, wenn der Käufer den Kfz-Brief nicht einsieht.


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    Tenor

    1. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    2. Der Streitwert beträgt 17.446,55 EUR.

    Gründe

    I.

    1

    Mit Kaufvertrag vom 06.05.2004 erwarb die Klägerin bei der Beklagten ein gebrauchtes Fahrzeug, Typ Audi A 2, 1,4 TDI, Gesamtfahrleistung laut Vorbesitzer 15.850 km zu einem Gesamtpreis von 16.900,00 EUR. In der verbindlichen Bestellung ist das Datum der Erstzulassung laut Fahrzeugbrief angegeben mit dem 16.01.2003. Aus dem Fahrzeugbrief selbst ergibt sich, dass das Fahrzeug im Zeitraum von November 2000 bis Februar 2001 hergestellt worden ist. Die Erteilung der Betriebserlaubnis datiert unter dem 29.11.2000. Für die Klägerin war der Erwerb eines neuwertigen Fahrzeuges wichtig.

    2

    Nach Rückgabe des Fahrzeugs an die Beklagte gegen Zahlung von 16.817,46 EUR haben beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt.

    II.

    3

    Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre.

    4

    Berechtigt konnte die Klägerin gem. § 437 Nr. 2 BGB von dem Kfz-Kaufvertrag vom 06.05.2004 zurücktreten. Das von ihr erworbene Fahrzeug wies wegen des höheren Alters einen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB auf. Der Käufer eines Fahrzeugs erwartet berechtigterweise, dass das Fahrzeug so alt ist, wie es das im Fahrzeugbrief eingetragene Datum der Erstzulassung vermuten lässt. Beim Vertragsschluss wird stillschweigend vorausgesetzt, dass das Fahrzeug in dem Jahr gebaut worden ist, auf das der Zeitpunkt der Erstzulassung schließen lässt. Bei einer Erstzulassung im Januar 2003 darf der Käufer deshalb regelmäßig auf ein Baujahr 2002 schließen. Dies gilt auch dann, wenn der Käufer die Fahrzeugpapiere, insbesondere den Fahrzeugbrief, nicht eingesehen haben sollte oder eine Einsicht wie im vorliegenden Fall nicht möglich war.

    5

    Ein höheres Alter des Kraftfahrzeugs stellt einen Sachmangel dar, auch soweit die Tauglichkeit zum Gebrauch dadurch nicht ohne weiteres eingeschränkt ist. Das Alter des Fahrzeugs wirkt sich regelmäßig wertmindernd aus. Ein Kraftfahrzeug wird üblicherweise als längerfristiges Wirtschaftsgut angeschafft, so dass sich das Alter als verkehrswesentliche Eigenschaft gerade auch auf die Preisbildung auswirkt.

    6

    Da mithin der Käufer darauf vertrauen darf, dass zwischen Herstellung und Erstzulassung ein relativ überschaubarer Zeitraum liegt, ist in der Aufnahme des Datums der Erstzulassung in den Kaufvertrag regelmäßig die konkludente Vereinbarung zu sehen, dass das Datum der Herstellung jedenfalls nicht mehrere Jahre davon abweicht (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl. Rn. 1275; OLG Karlsruhe, NJW 2004, 2456).

    7

    Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 48 GKG, 3 ZPO.