Sachverhalt: Streit um einen Jaguar mit US-Vergangenheit

Im Zentrum des Verfahrens vor dem Landgericht Heidelberg (Az. 4 O 212/22) stand der Kauf eines gebrauchten Sportwagens mit 5 Liter Hubraum durch den Kläger. Der Kauf fand im Januar 2022 im Autohaus des Beklagten statt. Der Kaufpreis betrug 53.950 Euro. Im Kaufvertrag war jedoch unterhalb der Firmenbezeichnung „Ruppel Automobile“ der Vermerk „im Kundenauftrag“ enthalten, und als Verkäufer wurde eine Person aus Kaunas, Litauen, aufgeführt.

Das Fahrzeug war ein US-Reimport, der in den USA einen sogenannten „salvage title“ erhalten hatte – eine Deklaration als Totalschaden durch eine US-Versicherung. Nach dem Unfall wurde der Wagen in Litauen repariert und anschließend in Deutschland zugelassen. Der Beklagte hatte dem Kläger in einem Vorgespräch mitgeteilt, dass das Fahrzeug vorne links beschädigt gewesen sei, der Schaden aber repariert wurde.

Vor Vertragsunterzeichnung informierte der Beklagte darüber, dass ein „salvage title“ vorliege. Nach dem Kauf überprüfte der Kläger selbständig über die Plattform Carfax die Fahrzeughistorie und stellte anhand von Lichtbildern erhebliche Schäden fest. In einer E-Mail vom 09.01.2022 forderte er ein positives DEKRA-Gutachten als Bedingung für das Festhalten am Kauf. Dieses DEKRA-Gutachten bestätigte jedoch einen alters- und nutzungsentsprechenden Zustand. Die Reifen wurden auf Empfehlung hin ersetzt, und der Kläger vollzog daraufhin den Kauf endgültig.

Neun Monate später ließ der Kläger ein Privatgutachten für 8.015,96 Euro erstellen, das schwerwiegende Mängel am Fahrzeug dokumentierte, u. a. einen verzogenen Rahmen. Er erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderte Rückzahlung des Kaufpreises, Schadensersatz, Nutzungsausfall und Ersatz der Anwalts- und Gutachterkosten. Der Beklagte wies alle Ansprüche zurück mit der Begründung, lediglich als Vermittler tätig gewesen zu sein.

Rechtliche Bewertung: Kein Kaufvertrag mit dem Händler

Das Gericht wies die Klage in allen Punkten ab. Nach Auffassung der Kammer kam kein Kaufvertrag mit dem Beklagten, sondern mit dem benannten litauischen Verkäufer zustande. Dies sei aus dem Kaufvertrag eindeutig erkennbar gewesen. Der Beklagte habe als Vertreter im Sinne von § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB gehandelt. Die Formulierung „im Kundenauftrag“ sowie die Angabe des Verkäufers reichten zur Klarstellung aus.

Ein Umgehungsgeschäft im Sinne der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26.01.2005 – VIII ZR 175/04) konnte das Gericht nicht feststellen, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass der Beklagte das wirtschaftliche Risiko getragen oder sich wie ein Verkäufer verhalten habe. Auch die behauptete Nichtexistenz des Verkäufers konnte nicht bewiesen werden, sodass eine analoge Anwendung des § 179 BGB ausschied.

Auch ein eigenständiges Garantieversprechen des Beklagten lag nicht vor. Die im Vertrag geschlossene GGG-Garantie war auf die Versicherungsgesellschaft bezogen. Das Gericht stellte klar, dass selbst ein Hinweis auf einen „sorgfältigen Zustand“ des Fahrzeugs nicht als Garantie im Sinne eines selbstständigen Garantievertrags (§ 443 BGB analog) auszulegen sei.

Pflichtverletzung ja – aber nicht kausal

Das Gericht sah eine Pflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. § 311 Abs. 3 BGB: Der Beklagte habe die Reparatur als „fachmännisch“ bezeichnet, ohne diese selbst überprüft zu haben. Dies stellt eine unzutreffende Tatsachenbehauptung dar. Dennoch lehnte das Gericht eine Haftung aus Sachwalterpflichten ab, da der Kläger sich nachweislich nicht auf diese Aussage verlassen, sondern seine Kaufentscheidung von einem unabhängigen DEKRA-Gutachten abhängig gemacht habe.

Praxishinweis: Relevanz für Käufer und Händler

Das Urteil zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, klar zwischen Verkäufer und Vermittler zu unterscheiden. Käufer sollten genau prüfen, wer im Vertrag als Verkäufer genannt ist. Bei Verkäufen „im Kundenauftrag“ gelten die Verbraucherschutzvorschriften des § 474 BGB in der Regel nicht.

Praxistipp für Verbraucher: Achten Sie beim Gebrauchtwagenkauf auf den tatsächlich genannten Verkäufer im Vertrag. Wird ein Fahrzeug „im Kundenauftrag“ verkauft, greifen wichtige Schutzvorschriften für Verbraucherkäufe nicht. Lassen Sie sich Fahrzeughistorie und Reparaturen schriftlich nachweisen.

Praxistipp für Autohändler: Wer als Vermittler tätig ist, sollte auf klare Vertragsgestaltung achten. Aussagen zur Reparatur oder zum Zustand sollten nicht „ins Blaue hinein“ getroffen werden, um eine persönliche Haftung zu vermeiden.

Anfrage für eine Beratung: