OLG Köln, Urteil vom 25. März 2014 · Az. 3 U 185/13.

Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem als Sachmangel?

Das Schengener Informationssystem (SIS) ist ein Informationssystem für die Sicherheitsbehörden der Schengen-Länder. Es dient der automatisierten Personen- und Sachfahndung in der Europäischen Union (EU). Es besteht aus nichtöffentlichen Datenbanken, in der unter anderem im Schengen-Raum unerwünschte, vermisste und zur Fahndung ausgeschriebene Personen gespeichert werden. Darüber hinaus werden zu überwachende Kraftfahrzeuge, Banknoten, gestohlene Ausweisdokumente und Schusswaffen erfasst.

Immer wieder kommt es vor, dass Gebrauchtwagen verkauft werden (häufig mit vorheriger Auslandszulassung), die über SIS zur Fahndung ausgeschrieben sind oder waren.

Dann stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen:

  • Kann man an einem gestohlenen Fahrzeug vom Verkäufer Eigentum erwerben bzw. kann er dieses verschaffen?
  • Ist der SIS-Eintrag für sich genommen ein Mangel?

Die Frage des gutgläubigen Eigentumserwerbs richtet sich bei Importen häufig nach ausländischem Recht, da Transaktionen innerhalb der Erwerbskette im Ausland stattgefunden haben. Eine pauschale Beantwortung ist daher nicht möglich. Konnte jedoch der Verkäufer an dem Fahrzeug nicht wirksam Eigentum verschaffen, ist der Kaufvertrag schon aus diesem Grunde nicht erfüllbar und der Rücktritt möglich.

Das OLG Köln bejaht im vorliegenden Fall aber auch das Vorliegen eines Rechtsmangels im Sinne des § 435 BGB, wenn ein SIS-Eintrag vorliegt.


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    Tenor

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.09.2013 verkündete Urteil der 37. Zivilkammer des Landgerichts Köln, Az. 37 O 88/12, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs m mit der Fahrgestellnummer XXX sowie der Zulassungsbescheinigung Teil II Nr. YYY

    a) 50.000,- € zur Rückführung des von der C GmbH auf den Vertrag Nr. 31164xxxxx geleisteten Darlehens zu zahlen;

    b) weitere 61.556,80 EUR nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 27.01.2012 zu zahlen.

    2.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Kraftfahrzeuges M mit der Fahrgestellnummer XXX und der Zulassungsbescheinigung Teil II Nr. YYY in Verzug befindet.

    3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    4.

    Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger in Höhe von 10 % und die Beklagte in Höhe von 90 %.

    5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbracht wird.

    6.

    Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug, M. Der Kläger begehrt Rückerstattung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, Nutzungsersatz, Ersatz von Zinsaufwendungen, außergerichtlichen Kosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.

    Der Kläger erwarb das Fahrzeug von der Beklagten auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 12.03.2011 zu einem Kaufpreis i.H.v. 117.000 EUR, der in Höhe von 50.000,- € von der C finanziert wurde. Er stellte später fest, dass der M im Schengen Information System (SIS) von italienischen Behörden zur Fahndung ausgeschrieben war. Aufgrund dessen wurde es ihm am 05.01.2012 von der Stadt L verwehrt, das Fahrzeug auf der Grundlage eines Saisonkennzeichens zuzulassen. Das Fahrzeug wird vom Kläger seither nicht mehr genutzt. Aufgrund dieses Umstandes erklärte der Kläger durch Schreiben vom 27.01.2012 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

    Wegen der Einzelheiten zum erstinstanzlichen Vortrag und zu den Anträgen der Parteien wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass das Fahrzeug nicht mangelbehaftet sei. Ein Rechtsmangel im Sinne von § 435 BGB aufgrund des Eintrags im SIS komme nicht in Betracht. Zunächst könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Lamborghini tatsächlich in Italien geraubt worden sei und der Kläger von da her an dem Fahrzeug kein Eigentum erworben habe. Hierfür sei der Kläger darlegungs – und beweisfällig geblieben. Eine frühere Sicherstellung des Fahrzeugs in Deutschland auf der Grundlage der SIS-Eintragung sei von den deutschen Justizbehörden aufgehoben worden. Allein der Umstand, dass die Ausschreibung im SIS aufrechterhalten worden ist, sei kein Hindernis, welches der Nutzung des Fahrzeugs auf Dauer entgegenstehe. Die Eintragung könne rückgängig gemacht werden. Gleichfalls stelle die fehlende Nutzungsmöglichkeit durch den Kläger aufgrund einer polizeilichen Untersagung keinen Rechtsmangel dar. Auch insoweit handele es sich nur um ein vorübergehendes Nutzungshindernis. Die Beklagte habe dem Kläger auch nicht arglistig maßgebliche Umstände aus der Vorgeschichte des Fahrzeugs verschwiegen. Die Beklagte habe aufgrund der dem Kaufvertrag vorangegangenen Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main zwar gewusst, dass das Fahrzeug einmal zur Fahndung ausgeschrieben gewesen war. Daraus könne allerdings nicht der Schluss gezogen werden, die Beklagte sei auch im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags im März 2011 noch davon ausgegangen, habe also immer noch positive Kenntnis von der Ausschreibung des Fahrzeugs zur Fahndung gehabt. Zugunsten des Klägers könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihn über eine angeblich fehlende Unfallfreiheit des Fahrzeugs getäuscht habe. Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen lasse sich nicht entnehmen, dass der M tatsächlich einen Unfall erlitten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Entscheidungsgründen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

    Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er ist der Meinung, bereits kein Eigentum an dem Fahrzeug erlangt zu haben. Hierzu behauptet der Kläger, das Fahrzeug sei in Italien geraubt worden, weshalb die Beklagte als Verkäuferin niemals Eigentümerin des Fahrzeugs hätte werden können. Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die Beklagte sei zu einem Hinweis auf die Ausschreibung des Fahrzeugs zur Fahndung verpflichtet gewesen. Sie habe jedenfalls gewusst, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit, also vor Abschluss des Kaufvertrages, im SIS eingetragen gewesen sei. Diesen Umstand habe sie dem Kläger offenbaren müssen. Der Kläger behauptet, bei Kenntnis dieser Vorgeschichte den Kaufvertrag nicht abgeschlossen zu haben. Außerdem behauptet der Kläger, die Beklagte habe auch im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages positive Kenntnis von dieser Eintragung gehabt. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Beklagten an die Staatsanwaltschaft vom 28.4.2011 (Bl. 106 GA), worin sie beantragt habe, das Fahrzeug aus der “Fahndungsliste” zu streichen. Dieses Schreiben sei nur so zu erklären, dass die Beklagte durchgehend Kenntnis von der Eintragung des Autos in diese Liste gehabt habe. Der Kläger meint, auch ein vorübergehendes Zulassungshindernis sei im Rahmen der Gewährleistung zu berücksichtigen und einem dauerhaft der Sache anhaftenden Mangel gleichzustellen. Der Kläger behauptet ferner, das Fahrzeug weise einen erheblichen Unfallschaden auf, der über die üblichen Lackierungsarbeiten hinausgehe. Er meint, durch den Kaufvertrag sei ihm ein unfallfreies Fahrzeug zugesichert worden.

    Er beantragt,

    1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs M mit der Fahrgestellnummer XXX sowie der Zulassungsbescheinigung Teil II Nr. YYY

    a)

    zur Rückführung der von der C GmbH auf dem Darlehensvertrag Nr. 31164xxxxx nominal 50.000 EUR zur Freistellung des Klägers im Innenverhältnis zur C GmbH mit dem Recht auf interne Abwicklung und Abrechnung im Rahmen der Restverbindlichkeit im Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der C GmbH zu zahlen;

    b)

    weitere 61.556,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 27.1.2012 zu zahlen;

    2.

    die Beklagte ferner darüber hinaus zu verurteilen, an den Kläger weitere 10.150 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

    3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.052,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

    4. ferner darüber hinaus die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber Rechtsanwalt C2 I, G Straße 1-3, L auf die Vorschuss Kostennote Nr. 1 zu 118/12 vom 27.01.2012 i.H.v. 2.237,56 EUR freizustellen;

    5. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Kraftfahrzeuges M mit der Fahrgestellnummer XXX und der Zulassungsbescheinigung Teil II Nr. YYY in Verzug befindet.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

    II.

    Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

    1.

    Der Kläger ist entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug zurückgetreten, weil das Fahrzeug bei Gefahrübergang einen Rechtsmangel aufwies (§§ 435, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 BGB). Ein solcher Rechtsmangel liegt nach Auffassung des Senats in der fortbestehenden Ausschreibung des Fahrzeugs zur Fahndung im SIS durch die italienischen Behörden.

    a)

    Ein Rechtsmangel nach § 435 BGB liegt vor, wenn das Eigentum, der Besitz oder der unbeschränkte Gebrauch der Kaufsache aufgrund eines privaten Rechts Dritter oder eines öffentlichen Rechts beeinträchtigt wird oder werden kann (Palandt-Weidenkaff, BGB, 73. Aufl. 2014, § 435, Rn. 5). In der Rechtsprechung wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass öffentlichrechtliche Befugnisse in Bezug auf eine Sache jedenfalls dann als Rechtsmangel anzusehen sind, wenn der Käufer seine Rechte an der Sache nicht nur vorübergehend, sondern endgültig verliert (BGH NJW 2004, 1802, 1803). Als Rechtsmangel kommt aus diesem Grunde etwa eine auf der Grundlage des § 111 b StPO durchgeführte Beschlagnahme in Betracht, weil diese den Verfall oder die Einziehung des Kaufgegenstandes zur Folge haben kann (BGH a.a.O.; OLG Hamm NJW-RR 2012, 1441, 1442; OLG Köln B. vom 16.03.2010, 22 U 176/09, Rn. 6, zit. nach Juris; LG Bonn Urt. vom 30.10.2009, 2 O 252/09, Rn. 28, zit. nach Juris; Staudinger-Matusche-Beckmann, BGB, Neubearbeitung 2014, Rn. 32). Für andere staatliche Eingriffe, die nicht die Gefahr eines dauernden Entzugs oder einer dauerhaften Beeinträchtigung der Nutzung des Kaufgegenstandes nach sich ziehen, wird überwiegend vertreten, dass diese als vorübergehende Gebrauchshindernisse nicht die Qualität eines Rechtsmangels aufweisen. Dies wird teilweise für die nach § 94 StPO lediglich zu Beweiszwecken angeordnete Beschlagnahme angenommen (OLG Köln a.a.O.; Palandt-Weidenkaff a.a.O., Rn. 13; offenlassend: BGH a.a.O., OLG Hamm a.a.O.). Zur Begründung dieser Auffassung wird angeführt, die Eigentümerposition des Käufers werde hierdurch nicht beeinträchtigt. Eine vorübergehende Entziehung der Sache sei als allgemeines Lebensrisiko des Käufers hinzunehmen. Für den Eintrag in eine internationale Fahndungsliste hat das Landgericht Karlsruhe einen Rechtsmangel verneint. Auch bei einer Eintragung in das SIS handele es sich nur um eine vorübergehende Gebrauchsbeeinträchtigung. Der Käufer könne nämlich eine Zulassung des Kfz zum Straßenverkehr erreichen, wenn er eine Löschung des Vermerks durchsetze und die entsprechenden polizeilichen Unterlagen vorlege (Urteil vom 28.11.2006, 2 O 237/06, Rn. 28, zit. nach Juris).

    b)

    Unter Berücksichtigung dieser Ansätze geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass die von den italienischen Behörden veranlasste Eintragung des von ihm erworbenen Fahrzeugs in die SIS-Fahndungsliste einen den Gebrauch der Kaufsache dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigenden Umstand und damit einen Rechtsmangel i.S. § 435 BGB darstellt:

    aa)

    Das Fahrzeug ist seit Beginn des Jahres 2012 nicht mehr zugelassen. Die Stadt L hat dem Kläger mit Schreiben vom 18.09.2012 mitgeteilt, dass eine Zulassung eines im SIS ausgeschriebenen Fahrzeuges nicht in Betracht kommt. Der SIS-Hinweis führe zwangsläufig dazu, dass die Kfz-Zulassung zunächst nicht durchgeführt werden könne. Hierzu bedürfe es einer Freigabe durch die Polizei. Eine solche Freigabe lässt sich für den Kläger bei der deutschen Polizei indes nicht erreichen. So hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M dem Kläger durch Schreiben vom 15.02.2012 bestätigt, dass das Fahrzeug seit dem 15.07.2009 im SIS ausgeschrieben sei und “weitere Anfragen nur von der italienischen Polizei beantwortet werden”. Eine Löschung des Fahrzeuges konnte bislang trotz des Umstandes, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden keinen hinreichenden Tatverdacht für eine Straftat in Italien sehen, nicht erreicht werden. So hat das Amtsgericht Frankfurt/M bereits am 30.11.2009 eine Beschlagnahme des Fahrzeugs abgelehnt. Auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M hat mit Schreiben vom 20.04.2010 mitgeteilt, dass sie nicht von einem Eigentumsdelikt in Italien ausgeht. Trotzdem besteht die SIS-Eintragung weiter.

    bb)

    Der Senat geht aufgrund dieser Umstände davon aus, dass der Kläger dauerhaft vom Gebrauch des Fahrzeugs ausgeschlossen bleibt. Eine Zulassung konnte trotz aller Bestätigungen deutscher Behörden über das Fehlen eines Tatverdachts in Bezug auf das Fahrzeug nicht erreicht werden. Der Kläger ist seit nunmehr über 2 Jahren vom Gebrauch ausgeschlossen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich hieran in absehbarer Zeit etwas ändern lässt. Die in Italien veranlasste Eintragung in das SIS stellt sich als ein so gravierendes Hindernis dar, dass es vom Kläger in Deutschland nicht beseitigt werden kann. Doch selbst wenn der Kläger mit den vorliegenden Unterlagen der deutschen Strafverfolgungsbehörden hier eine Zulassung des Fahrzeuges erreichen könnte, was derzeit allerdings nicht ersichtlich ist, wäre er bei Fortbestand des SIS-Eintrags jedenfalls gehindert, mit dem Fahrzeug ins Ausland, insbesondere nach Italien, zu fahren. Er müsste damit rechnen, dass es jedenfalls dort beschlagnahmt würde. Selbst dies stellt eine i.S. § 435 BGB erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung dar. Insoweit spielt es keine Rolle, dass die Beklagte ihrerseits unmittelbar nach Veräußerung des Fahrzeugs an den Kläger aus nicht bekannten Gründen trotz des SIS-Eintrags eine Zulassung in Deutschland erreichen konnte und die Stadt L diese Zulassung erst später, anlässlich der Beantragung eines Saisonkennzeichens, versagt hat.

    cc)

    Vom Kläger kann auch nicht gefordert werden, dass er in Italien versucht, eine Löschung des SIS-Eintrags zu erreichen, um damit das Gebrauchshindernis zu beseitigen. Der Senat hält dies für unzumutbar. Der Käufer einer Sache kann darauf vertrauen, dass ihm ein mangelfreier Kaufgegenstand übergeben wird. Mängel, die bei Gefahrübergang vorliegen, fallen – unabhängig von einer Kenntnis hierüber – in den Risikobereich des Verkäufers. Der Verkäufer haftet für die Mangelfreiheit bei Gefahrübergang. Wenn die Kaufsache also mit einem Sachmangel oder einer auf öffentlichrechtliche Maßnahmen zurückzuführenden erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung versehen ist, kann es nicht Aufgabe des Käufers sein, mit hohem Aufwand und ungewissem Erfolg selbst für die Beseitigung der Gebrauchsbeeinträchtigung einzustehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Gleichstellung von Sach- und Rechtsmängeln im Gewährleistungsrecht (vgl. § 437 BGB). Bei einem Rechtsmangel können von einem Käufer keine höheren Anstrengungen erwartet werden, als dies bei einem Sachmangel der Fall ist. Ein die Grenze der Unerheblichkeit überschreitender Sachmangel öffnet dem Käufer indes alle Gewährleistungsrechte. Dass eine nachhaltige Beeinträchtigung aufgrund des SIS-Eintrages andere Rechtsfolgen haben soll, erschließt sich nicht.

    c)

    Die weiteren Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag sind ebenfalls erfüllt. Der Kläger hat der Beklagten erfolglos mit Schreiben vom 16.01.2012 eine Nachfrist gesetzt. Auf ein Verschulden der Beklagten, insbesondere die Frage, ob die Beklagte Kenntnis vom Fortbestand des SIS-Eintrages hatte, kommt es für den Gewährleistungsanspruch nicht an.

    2.

    Als Folge des wirksamen Rücktritts kann der Kläger nach Maßgabe der §§ 346 ff. BGB Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen.

    a)

    Der Kläger kann Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs verlangen.

    Der mit der Klägerin vereinbarte Kaufvertrag und der mit der C in Höhe von 50.000,- € abgeschlossene Darlehensvertrag stellen ein verbundenes Geschäft nach § 358 Abs. 3 BGB dar. Ausweislich der vom Kläger zu den Akten gereichten Unterlagen diente das Darlehen der Finanzierung des PKW-Kaufs. Die Darlehenssumme wurde von der C unmittelbar an die Beklagte gezahlt. Das Fahrzeug wurde an die Bank sicherungsübereignet. Bei einem Rücktritt von einem derart finanzierten Kauf findet die Rückabwicklung zwischen Verkäufer und Verbraucher dergestalt statt, dass der Käufer seine eigene Leistung und die Darlehensvaluta zurückerhält. Im Gegenzug hat der Käufer dem Verkäufer die Kaufsache zu übereignen. Steht die Kaufsache im Eigentum des Darlehensgebers, hat dieser infolge der Erledigung des Sicherungszwecks der Rückübertragung an den Verkäufer nach § 185 BGB zuzustimmen (Habersack, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, Rn. 71).

    Der Rückzahlungsanspruch ist um einen Nutzungsersatz für die vom Kläger mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer zu kürzen. Der Senat geht hierbei von den vom Kläger mitgeteilten 8.100 km aus. Außerdem ist entsprechend der Berechnung des Klägers ein Nutzungsersatz von 0,672 €/km zugrunde zu legen. Soweit die Beklagte die Anzahl der vom Kläger gefahrenen Kilometer bestreitet und behauptet, der Kläger habe eine größere Wegstrecke zurückgelegt, ist diese erkennbar ins Blaue hinein erfolgte Behauptung unbeachtlich. Der Nutzungsersatzfaktor ist auf der Grundlage einer unterstellten Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs von 200.000 km sachgerecht. Soweit die Beklagte behauptet, ein M erreiche eine Gesamtfahrleistung in dieser Höhe nicht, ist dies für ein Luxusfahrzeug mit höchster Qualität nicht nachvollziehbar.

    Hieraus folgt, dass der Kläger die Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 50.000,- € und seiner eigenen Leistung in Höhe von 67.000,- € abzüglich eines Nutzungsersatzes in Höhe von 5.443,20 € verlangen kann.

    b)

    Der weitere Antrag des Klägers auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 10.150,- € hat hingegen keinen Erfolg. Der Senat kann in diesem Zusammenhang dahinstehen lassen, ob ein solcher Anspruch dem Grunde nach besteht. Ein Entschädigungsanspruch besteht dann nicht, wenn es sich bei dem betroffenen Fahrzeug um ein reines Freizeit- und Luxusfahrzeug handelt oder dem Betroffenen die Nutzung eines Zweitwagens möglich und zumutbar war. Der Kläger hat zur Begründung seines Anspruchs weder vorgetragen, dass er auf die Nutzung des Fahrzeuges angewiesen war noch dass ihm die Nutzung eines anderen Fahrzeuges weder zumutbar noch möglich war. Zu einem solchen Vortrag hätte aber Veranlassung bestanden, weil es sich bei dem Sportwagen des Typs M typischerweise um ein Luxus- bzw. Freizeitfahrzeug handelt.

    c)

    Der weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Finanzierungskosten (Zinsschaden) ist ebenfalls nicht begründet. Ein solcher als Aufwendungsersatz zu qualifizierender Anspruch kommt nach § 284 BGB nur unter der Voraussetzung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte in Betracht. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Leistung eines Schadensersatzes sieht der Senat jedoch nicht. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Beklagte eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

    Für den Eintrag in die SIS-Fahndungsliste zeichnete sich die Beklagte unstreitig nicht verantwortlich. Der Beklagten kann insoweit lediglich zur Last gelegt werden, dass sie den Kläger über diesen Umstand nicht aufgeklärt hat. Insoweit ist jedoch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu verneinen. Aufgrund der Ablehnung eines Beschlagnahmebeschlusses durch das Amtsgericht Frankfurt/M und das Schreiben der Staatsanwaltschaft Frankfurt/M vom 20.04.2010 konnte die Beklagte davon ausgehen, dass das Fahrzeug nicht Gegenstand einer Straftat in Italien geworden war. Zwar hatte sie zuvor vergeblich versucht, das Fahrzeug an die Firma C3 GmbH zu veräußern, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob das Scheitern dieses Verkaufs auf die SIS-Eintragung zurückzuführen war. Gleichwohl bestanden aus Sicht der Beklagten jedenfalls infolge des Schreibens der Staatsanwaltschaft Frankfurt/M vom 20.04.2010 keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr, dass mit dem Fahrzeug etwas nicht stimmen konnte. Außerdem verging zwischen diesem Schreiben und der Veräußerung an den Kläger nahezu ein weiteres Jahr, ohne dass von dritter Seite auf das Fahrzeug Zugriff genommen wurde. Schließlich ist es der Beklagten auch gelungen – wie dies erreicht werden konnte, ist offen geblieben -, das Fahrzeug trotz des SIS-Eintrages auf den Kläger zuzulassen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Beklagte das Fahrzeug ohne Kenntnis von den fortbestehenden Problemen aufgrund der SIS-Eintragung an den Kläger veräußert hat. Nach Auffassung des Senats war die Beklagte in Anbetracht der klaren Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Frankfurt/M weder verpflichtet, anlässlich der Veräußerung an den Kläger sich nochmals hinsichtlich des Nichtbestehens eines SIS-Eintrages zu vergewissern, noch musste sie den Kläger über die Fahrzeughistorie aufklären.

    Anzumerken ist, dass allerdings Anlass bestanden hätte, den Kläger zu informieren, nachdem die Beklagte kurz nach Abwicklung des Kaufvertrages über eine Garantieabfrage bei Lamborghini Kenntnis vom SIS-Eintrag erhalten hatte. Sie hätte – als nachvertragliche Pflicht i.S. § 241 Abs. 2 BGB – den Kläger hinsichtlich möglicher Probleme mit dem Fahrzeug warnen müssen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass ein insoweit vertragsgerechtes Handeln den Eintritt des vom Kläger geltend gemachten Schadens noch verhindert hätte. Der Senat bewertet die hierin zu sehende Pflichtverletzung und das Verschulden der Beklagten auch nicht als so gravierend, dass – unabhängig von der Rechtsmängelhaftung – ein Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag nach § 324 BGB gerechtfertigt wäre.

    Ob der Kläger Rückzahlung seiner Zinsleistungen von der Darlehensgeberin verlangen kann (vgl. zum Meinungsstand einerseits OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1265; Habersack a.a.O. Rn. 71; andererseits OLG Hamm NZV 2006, 421, 423; LG Bochum NJW-RR 2002, 349, 350; Palandt-Grüneberg, BGB, § 359, Rn. 8), braucht der Senat nicht zu entscheiden.

    d)

    Die Beklagte befindet sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Hinblick auf den vom Kläger erklärten Rücktritt und ihrer Weigerung, das Fahrzeug zurückzunehmen, in Annahmeverzug. Das Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten folgt aus § 756 Abs. 1 ZPO.

    e)

    Der Kläger hat hingegen keinen Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten, weil die Voraussetzungen des Verzuges im Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens vom 16.01.2012 nicht vorlagen.

    3.

    Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet, §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO sowie §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision war zur Fortbildung des Rechts gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die Bestimmung eines Rechtsmangels in Bezug auf Gebrauchsbeeinträchtigungen einer Kaufsache aufgrund öffentlichrechtlicher Beschränkungen oder Eingriffsbefugnisse ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.

    Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 130.040,66 €