Die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags ist in der Regel eine unangenehme Situation für alle Beteiligten. Für den Verkäufer bedeutet sie oft finanzielle Verluste, während der Käufer sein Fahrzeug zurückgeben muss. Um den Verlust für den Verkäufer möglichst gering zu halten, kommt die Nutzungsentschädigung ins Spiel. In diesem Artikel erfahren Sie, wann eine Nutzungsentschädigung anfällt, wie sie berechnet wird und worauf Käufer und Verkäufer achten sollten.

Wann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann

Wenn ein Fahrzeug Mängel aufweist, stehen dem Käufer gemäß § 437 BGB die gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechte zu. Mängel können beispielsweise Lackschäden, technische Defekte oder eine unzulässige Abschalteinrichtung – wie im Fall des Dieselskandals – sein. In diesen Fällen hat der Käufer das Recht, Nacherfüllung zu verlangen. Dies bedeutet, dass der Verkäufer den Mangel behebt oder ein neues, mangelfreies Fahrzeug liefert.

Scheitert die Nacherfüllung, darf der Käufer den Kaufvertrag rückabwickeln. Dabei ist das Rücktrittsrecht jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der Verkäufer hat das sogenannte „Recht zur zweiten Andienung“. Das bedeutet, dass dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit gegeben werden muss, den Mangel zu beseitigen. Dazu muss der Käufer eine angemessene Frist setzen. Erst wenn diese Frist verstrichen ist, ohne dass der Mangel behoben wurde, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.

Wichtig: In bestimmten Fällen ist eine Fristsetzung nicht erforderlich. Dies ist der Fall, wenn die Nacherfüllung unmöglich oder unzumutbar ist. Bei Verbrauchsgüterkäufen reicht es in der Regel aus, dass der Verbraucher den Mangel anzeigt, ohne eine Frist setzen zu müssen (§ 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB). Zudem ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist, beispielsweise bei einem kleinen Lackschaden, der leicht behoben werden kann.

Wann ein Anspruch auf Wertersatz besteht

Erklärt der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, wird der Kaufvertrag in ein sogenanntes Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt. Dieses ist in den §§ 346 ff. BGB geregelt. Dabei gilt: Die Situation, die vor dem Kauf bestand, soll wiederhergestellt werden. Das bedeutet, der Käufer gibt das Fahrzeug zurück und erhält im Gegenzug den Kaufpreis erstattet.

Da das Fahrzeug in der Zwischenzeit jedoch genutzt wurde, muss der Käufer dem Verkäufer für diese Nutzung einen Wertersatz leisten. Da die gefahrenen Kilometer nicht „in natura“ zurückgegeben werden können, sieht § 346 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung vor.

Wie hoch ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung?

Die Höhe der Nutzungsentschädigung richtet sich nach dem Verhältnis der gefahrenen Kilometer zur erwarteten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs. Grundlage für die Berechnung ist der Kaufpreis.

Formel:
Nutzungswert je km in Euro = Kaufpreis / Erwartbare Gesamtlaufleistung (bei Gebrauchtwagen: voraussichtliche Restlaufleistung)

Diese Methode – die sogenannte lineare Teilwertabschreibung – basiert auf der Annahme, dass das Fahrzeug proportional zur Laufleistung an Wert verliert. Obwohl dies bei Fahrzeugen nicht immer den realen Wertverhältnissen entspricht, ist diese Berechnung in der Rechtsprechung weit verbreitet. Der Grund dafür ist, dass die Nutzungsentschädigung nur den tatsächlichen Gebrauchsvorteil des Käufers widerspiegeln soll.

Beispiel:
Ein Käufer erwirbt ein Fahrzeug für 30.000 Euro. Die erwartete Gesamtlaufleistung beträgt 300.000 km. Nach 10.000 gefahrenen Kilometern tritt der Käufer vom Vertrag zurück.

Lösung:
Der Anspruch auf Wertersatz beträgt 0,10 Euro pro Kilometer (30.000 Euro / 300.000 km). Die Nutzungsentschädigung beläuft sich auf 1.000 Euro (0,10 Euro x 10.000 km).

Wann der Anspruch auf Wertersatz besteht

Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht nicht nur bei einem Rücktritt vom Vertrag, sondern kann auch im Rahmen der Nacherfüllung geltend gemacht werden. Liefert der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung ein neues Fahrzeug, kann er gemäß § 439 Abs. 6 S. 1 BGB die Rückgabe des mangelhaften Fahrzeugs verlangen, inklusive eines Wertersatzes für die Nutzung des zurückgegebenen Fahrzeugs.

Ausnahme: Bei Verbrauchsgüterkäufen, also bei Käufen zwischen Unternehmern und Verbrauchern, entfällt der Anspruch auf Nutzungsentschädigung im Rahmen der Nacherfüllung (§ 475 Abs. 3 BGB). Das bedeutet, dass der Verkäufer in solchen Fällen keinen Wertersatz für die Nutzung verlangen kann.

Fazit:
Die Nutzungsentschädigung kann den Wertverlust eines Fahrzeugs nicht vollständig ausgleichen, insbesondere nicht den überproportionalen Wertverlust in den ersten Nutzungsjahren. Daher ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag für den Verkäufer oft mit Nachteilen verbunden. Käufer sollten darauf achten, ob alle Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vorliegen, insbesondere ob dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde. Verkäufer wiederum sollten im Falle eines Rücktritts prüfen, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht.