Die Hersteller von E-Autos werben in den Verkaufsprospekten meist recht vollmundig mit der behaupteten Reichweite des Fahrzeugs oder der Ladekapazität in kWh. Häufig stellen Käufer von E-Autos nach dem Kauf ernüchtert fest, dass die Angaben zur Reichweite im realen Fahrbetrieb nicht eingehalten werden und erhebliche Abweichungen bestehen. Dann stellt sich die Frage nach der Mangelhaftigkeit des verkauften PKW und der Frage der Haftung des Verkäufers.

Was bedeutet die Reichweite bei E-Autos?

Die Reichweite von Elektroautos kann rechnerisch durch die beiden Faktoren Akkukapazität (Ladekapazität) und den Verbrauch bestimmt werden. Hierfür werden die Batteriekapazität des E Autos und der faktische Stromverbrauch auf 100 km ins Verhältnis gesetzt.

Die Formel zur Reichweitenberechnung lautet dann wie folgt:

Reichweite (km) = Batteriekapazität (kWh) ÷ Energieverbrauch (kWh/100km) x 100.

Die tatsächliche Reichweite des E Autos wird sodann durch den Fahrstil, die gefahrene Geschwindigkeit, die Steigung auf der Strecke sowie auch die Außentemperatur deutlich beeinflusst. So ist etwa zwischenzeitlich allgemein bekannt, dass die Reichweite in den Wintermonaten temperaturabhängig deutlich nachlässt. Hinzu kommen im Auto selbst verbaute Stromverbraucher wie zum Beispiel Heizung oder Klimaanlage.

Hersteller garantieren bestimmte Ladekapazität

Hersteller und Verkäufer garantieren häufig eine bestimmte Ladefähigkeit der Batterie, die in einem bestimmten Prozentsatz ausgedrückt wird. So heißt es etwa in den Batterie-Mietbedingungen der Renault Bank:

„Der Grenzwert für die garantierte Ladefähigkeit der Batterie wird entsprechend den Vorgaben des Herstellers mit 75 % der zu Beginn vorhandenen Kapazität bewertet.“

Die rechtlichen Probleme beginnen jedoch schon bei der Definition des Begriffes der »Ladefähigkeit der Batterie«, weil hier noch keine einheitlichen Standards vorliegen.

SoH-Wert bzw. State of Health als Richtschnur?

Die Hersteller und Verkäufer verwenden zur Darlegung der Mangelfreiheit der Batterie stellenweise einen offenbar praxisuntauglichen Wert, nämlich den State of Health (SoH) der Batterie.

Der State of Health (SoH, Gesundheitszustand) gibt die vorhandene Rest-Kapazität einer Batterie-Zelle bezogen auf Ihre ursprüngliche Nominalkapazität wieder. 100 % bedeutet, dass eine Batterie bis zu ihrer Nominalkapazität aufladbar ist und diese Energie in voller Höhe auch wieder abgeben kann.

Dieser Wert kann jedoch nach unserer Auffassung nicht maßgeblich sein, weil ein SoH-Wert schon nach dem allgemeinen Sprachverständnis keine praxisrelevante Aussage über die praktische Leistungsfähigkeit der Batterie beinhaltet.

Die Begriffe Leistungsfähigkeit und Kapazität kann ein durchschnittlicher Rezipient indes nur so verstehen, dass damit die Aufnahmefähigkeit in kWh gemeint ist. Denn bei Elektrofahrzeugen entspricht die Ladekapazität in kWh der möglichen Reichweite des PKW, da der „Kraftstoffverbrauch“ (=Stromverbrauch) des PKW sich in kWh bemisst. Aus diesem Grund werden bei Testberichten der gängigen Automobilzeitschriften die Verbräuche des E-Fahrzeuges in kWh ermittelt und zum Vergleich herangezogen.

Dass hier stattdessen der SoH-Wert maßgeblich sein soll, wird selten im eigentlichen Mietvertrag, den Werbebroschüren oder den vereinbarten Batteriemietbedingungen niedergelegt.

Folglich entspricht die Batterie nicht den vertraglich zugesicherten Eigenschaften und ist mangelhaft.

Schwache Ladekapazität als Sachmangel beim E-Auto

Die schwache Ladekapazität wird man daher ab einer bestimmten Grenze als Sachmangel im Sinne des BGB anzusehen haben, sodass sich die Frage der Haftung des Verkäufers, des Herstellers oder des Vermieters der Fahrzeugbatterie stellt.

Für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit sind insbesondere auch die Prospektangaben des Herstellers zu Batteriekapazität des E Autos, die vertraglichen Vereinbarungen sowie gegebenenfalls auch Zusicherungen im Verkaufsgespräch heranzuziehen.

Allerdings werden diese Prospektangaben nicht im realen Fahrbetrieb ermittelt, sondern diese müssen lediglich der WLTP Norm entsprechen. Hier ist die Frage, wie deutlich solche Hinweise auf die WLTP-Norm sein müssen, damit von einer entsprechenden vertraglichen Beschaffenheit ausgegangen werden kann.

Ob die WLTP-Norm im konkreten Fall eingehalten wird, wird häufig nur durch einen professionellen Batterietest oder gar ein Sachverständigengutachten festzustellen sein.

Im Regelfall wird nach den bisherigen Erfahrungswerten im Hinblick auf Verbrennungsmotoren ein Sachmangel bei einer Abweichung von mindestens 10 % zwischen dem realen Fahrbetrieb und dem beworbenen Verbrauch nach dem WLTP Zyklus anzunehmen sein.

Rechtliche Möglichkeiten bei schwacher E-Auto-Batterie

Sollte ein Sachmangel vorliegen, d. h. die tatsächliche Kapazität der Batterie deutlich unter den Werbeangaben liegen, so hat der Käufer zunächst das Recht vom Verkäufer Nachbesserung zu verlangen. Beim Neuwagen kommen sowohl die Instandsetzung der zu schwachen Batterie als auch die Neulieferung des Fahrzeugs in Betracht.

Im Einzelfall ist hier aber zu prüfen, ob die Fahrzeugbatterie lediglich zusätzlich zum Kaufvertrag gemietet wurde – dann ist gegebenenfalls nach Mietrecht gegen den Vermieter vorzugehen.

Schlägt die Nachbesserung fehl bzw. lässt sich auch durch eine Neulieferung von Batterie oder Fahrzeug kein vertragsgemäßer Zustand in Form einer erhöhten Reichweite herstellen, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis nachträglich mindern

Im Falle der Batteriemiete kommen eine Minderung der monatlichen Batteriemiete und gegebenenfalls eine Kündigung des Batteriemietvertrages in Betracht.


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