Angabe „unfallfrei“ im Kaufvertrag eines Autohändlers

OLG Hamm, 30.05.2017 – I-28 U 198/16. Immer wieder geht es bei Gebrauchtwagen um die Frage der Vorschäden und Unfälle. Grundsätzlich darf ein Autokäufer nach der Rechtsprechung des BGH auch beim Gebrauchtwagenkauf davon ausgehen, dass das Fahrzeug unfallfrei ist.

Anders ist das nur, wenn ein Bagatellschaden vorliegt. Diese Rechtsprechung gilt auch und vor allem dann, wenn der Autokaufvertrag keinerlei Angaben zur Frage „Unfallwagen“ enthält, zum Beispiel wenn die entsprechenden Kästchen „unfallfrei“ oder „kein Unfallschaden“ im Mustervertrag freigelassen wurden.

Im vorliegend vom OLG Hamm entschiedenen Fall waren jedoch im Autokaufvertrag Angaben gemacht worden. Der Gebrauchtwagenhändler hatte im Kaufvertragsformular „unfallfrei“ angekreuzt. Darin wird im Regelfall eine positive Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen sein.

Der Händler verteidigte sich damit, die Angabe „unfallfrei“ sei eine reine „Wissensmitteilung“ gewesen. Gemeint wäre gewesen, dass das Fahrzeug während der Zeit seines Besitzes keinen Unfall erlitten hätte. Über die Zeit vor seinem Besitz sei damit nichts gesagt.

Das Gericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt:

Im Gegenteil ist es naheliegend, dass der Beklagte durch den ausdrücklichen handschriftlichen Zusatz „unfallfrei“ nicht lediglich eine Wissensmitteilung in dem Sinne abgeben wollte, dass es in seiner ohnehin nur dem Weiterverkauf dienenden Besitzzeit zu keinen Unfällen gekommen ist. Vielmehr musste diese Erklärung aus verständiger Sicht des Klägers (§§ 133, 157 BGB) so aufgefasst werden, dass der Beklagte als Kfz-Händler eine gewissenhafte Ankaufüberprüfung vorgenommen hatte und deshalb dafür einstehen wollte, dass es keine unfallbedingten Vorschäden an dem Fahrzeug gibt.

Die Entscheidung des Gerichts dürfte zutreffend sein. Niemand geht davon aus, dass ein Gebrauchtwagenhändler bei solchen Angaben nur zusichern möchte, dass das Fahrzeug auf seinem Verkaufsgelände keinen Unfall erlitten hat.

Daher sind solche positiven Beschaffenheitsangaben aus Verkäufersicht mit Vorsicht zu genießen. Um sicherzustellen, dass eine Wissensmitteilung gemeint ist, können Zusätze wie „laut Vorbesitzer“ oder „soweit bekannt“ hilfreich sein.

Für den Autokäufer bedeutet die Entdeckung eines Unfallschadens bei vereinbarter Unfallfreiheit im Regelfall die sichere Möglichkeit zum Rücktritt vom Kaufvertrag.


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    Entscheidung des Gerichts

    Tenor:

    Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.09.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.589,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.03.2014 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübereignung des C ### Limousine mit der Fahrgesellnummer WBANX#####CT#####.

    Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des vorstehend bezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

    Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechts-anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten – der Rechtsanwälte U ▫ W ▫ G, L-Str. #-## in ##### F, in Höhe von 1.029,35 EUR freizustellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

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