Mietwagen vom Händler gekauft – Sachmangel?

LG Limburg, Urteil vom 09.06.2017 – 2 O 197/16. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt finden sich zahlreiche Fahrzeuge, die zuvor als Mietwagen bei Autovermietungen verwendet wurden. Klar ist, dass Mietwagen von einer unbekannten Vielzahl von Personen gefahren worden sind. Auch kann man davon ausgehen, dass Mietwagen weniger sorgfältig behandelt werden als eigene Fahrzeuge.

Daher stellt sich die Frage, ob ein gewerblicher Händler, der einen solchen ehemaligen Mietwagen an einen Privatkunden verkauft, hierüber aufklären muss.

Im vorliegenden Fall vor dem LG Limburg erwarben die privaten Käufer einen Nissan Qashqai, der vom Autoverkäufer als Jahreswagen beschrieben wurde. Eine Aufklärung über die Vornutzung als Mietwagen ist zumindest nirgends in Schriftform dokumentiert worden. Der Käufer behauptet, er sei nicht aufgeklärt worden und hat den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Im Ergebnis bekam er recht.

Aufklärungspflicht über Mietwagen

Zunächst, so das LG Limburg, muss zumindest bei „jungen“ Gebrauchten über die Eigenschaft als (ehemaliger) Mietwagen aufgeklärt werden, denn es handele sich um einen erheblichen, preisbildenden Faktor:

„Die Mietwageneigenschaft ist zumindest bei jungen Gebrauchtwagen mit einem Alter von unter einem Jahr und nur einem Vorbesitzer bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs eine atypische Vorbenutzung, welche negativen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs hat. Für die Mietwageneigenschaft wird zumindest bei jungen Gebrauchtwagen gemeinhin ein Abschlag auf den sonst üblichen Kaufpreis vorgenommen. Kunden gehen davon aus, dass ein solches Fahrzeug einer stärkeren Abnutzung unterlag, da die zahlreichen Nutzer von Mietwagen aufgrund der nur kurzen und einmaligen Nutzung regelmäßig weniger pfleglich mit einem Fahrzeug umgehen, als Eigentümer oder Leasingnehmer, welche einen längerfristigen Nutzungshorizont haben (OLG Stuttgart, NJW-RR 2009, 551 [OLG Stuttgart 31.07.2008 – 19 U 54/08]; OLG Oldenburg, Urt. v. 16.09.2010 – 1 U 75/10 Rn. 22 ff.; Staudinger/Annemarie Matusche-Beckmann (2013) BGB § 434, Rn. 222; Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 434 BGB, Rn. 219).

Ein Jahreswagen ist kein Mietwagen – im Gegenteil

Insbesondere die Deklaration als „Jahreswagen“ beinhalte keinesfalls eine Nutzung als Mietwagen, im Gegenteil:

„Hinzu kommt, dass wenn ein Gebrauchtwagen als „Jahreswagen“ deklariert wird, die Erwartung des Verkäufers dahin geht, dieser sei zuvor gerade nicht als Mietwagen genutzt worden. Ein Jahreswagen wird nämlich als ein Gebrauchtfahrzeug aus erster Hand definiert, welches von einem Werksangehörigen ein Jahr lang ab der Erstzulassung gefahren worden ist (BGH, NJW 2006, 2694 [BGH 07.06.2006 – VIII ZR 180/05] Rn. 8 [BGH 07.06.2006 – VIII ZR 180/05]). „

Das Urteil ist zwischenzeitlich rechtskräftig. Die seitens des Händlers dagegeng erichtete Berufung wurde zurückgenommen.

Praxishinweise für Händler

Die Rechtsprechung zur Frage der Aufklärungspflicht über die Eigenschaft als „Mietwagen“ ist bislang nicht einheitlich. Es empfiehlt sich daher stets über den Umstand der Vornutzung als Mietwagen oder Taxi aufzuklären. Dies dürfte zumindest für junge Gebrauchte bis zu einem Jahr Fahrzeugalter der sicherste Weg sein.

Leitsätze des Gerichts

Jedenfalls ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler muss vor Kaufvertragsschluss über die Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens aufklären, da es sich insofern um einen preisbildenden Faktor handelt. Der Verkäufer kann sich insofern auch regelmäßig nicht auf einen den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum berufen.

Die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens als Jahreswagen stellt keine Aufklärung über eine vorangegangene Nutzung als Mietwagen dar.

Den Käufer trifft bei einer nicht verschuldeten Verschlechterung des Fahrzeugs im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach Arglistanfechtung keine Wertersatzpflicht für den geringeren Wert des Fahrzeugs (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1970 – VII ZR 130/68).


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