Händler trägt Beweislast für unerheblichen Mangel

BGH, Urteil vom 18.10.2017 – VIII ZR 242/16. Der vorliegende Entscheidung des BGH gebührt erhöhte Aufmerksamkeit.

Im vorliegenden Fall leuchtete ein Scheinwerfer dreimal heller als der andere – das Fahrzeug galt daraufhin als verkehrsgefährdend. Die genaue Mangelursache konnte nicht ermittelt werden.

Ausgangspunkt ist das Rücktrittsrecht des Autokäufers, wenn ein bestehender Sachmangel nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist vom Autoverkäufer beseitigt wird. Dann kann der Kunde grundsätzlich vom Kaufvertrag zurücktreten.

Ausnahme: Ist die Pflichtverletzung, also hier der Sachmangel bzw. Defekt am Fahrzeug, unerheblich, besteht ein Rücktrittsrecht nicht. Der BGH hatte hierzu im Jahr 2014 entschieden, dass ein Defekt an einem Auto regelmäßig dann als erheblich einzustufen ist, wenn die Kosten für die Beseitigung des Mangels 5 % des Kaufpreises übersteigen. Vor dieser Entscheidungen waren einige Gericht von höheren Prozentsätzen ausgegangen, beispielsweise 10 %, so dass das Urteil im Ergebnis eine Verschärfung der Händlerhaftung darstellte.

Der BGH stellt nunmehr klar, dass die 5-%-Regel keinesfalls schematisch angewendet wird. Erforderlich ist immer eine Einzelfallbetrachtung. So können auch Beanstandungen, deren Beseitigung nur mit sehr hohem Kostenaufwand verbunden ist (über 5 % des Kaufpreises) als unerheblich einzustufen sein, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung gering ist. Als notwendige Folge dieser Einzelfallbetrachtung, bei der eine Interessenabwägung erfolgt, kann auch ein Mangel, dessen Beseitigungskosten geringer sind als 5 % des Kaufpreises, als erheblicher Mangel einzustufen sein, der zum Rücktritt berechtigt.

Darüber hinaus beantwortet der BGH die Frage, wer denn nun beweisen muss, ob ein Mangel erheblich oder unerheblich ist wie folgt: Der Autoverkäufer. Diese Aussage wird in der Praxis nicht selten zu einer Verschärfung der Händlerhaftung führen, wenn die exakte Mangelursache nicht ohne weiteres ermittelt werden kann. Denn dann ist auch eine Schätzung der Beseitigungskosten im Grunde nicht möglich, so dass die Frage der Erheblichkeit – jedenfalls auf Grundlage der 5-%-Regel – vom Verkäufer nicht bewiesen werden kann.

Wesentliche Aussagen des BGH

1. Der Verkäufer und nicht der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist und den Käufer deshalb nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei nur unerheblichem Mangel als Ausnahme formuliert.

2. Die Beurteilung der Erheblichkeit eines Mangels erfolgt keineswegs allein danach, ob die Mängelbeseitigungskosten die Grenze von 5 % des Kaufpreises übersteigen. Vielmehr ist eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls erforderlich.

3. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass bei Vorliegen besonderer Umstände – etwa einer nur sehr geringfügigen Gebrauchsbeeinträchtigung – trotz eines Mangelbeseitigungsaufwandes von mehr als 5 % des Kaufpreises der Mangel als unerheblich einzustufen ist oder umgekehrt trotz eines unter der 5 %-Grenze liegenden Mangelbeseitigungsaufwands aufgrund besonderer Umstände (etwa besondere Schwierigkeiten oder Zeitdauer einer erforderlichen Ersatzteilbeschaffung) die Gesamtabwägung zur Bejahung einer erheblichen Pflichtverletzung führen kann.


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