OLG Celle, Beschluss vom 26. November 2020 – 7 W 66/20 –, juris

Inseratsangaben können Vertragsbestandteil werden

Im vorliegenden Fall hat das OLG Celle einem Autokäufer Recht gegeben, der den Rücktritt vom Kaufvertrag auf eine falsche Angabe der Motorleistung (PS-Anzahl) im Internetinserat gestützt hatte. Statt der in der Anzeige versprochenen 250 PS hatte das Fahrzeug tatsächlich lediglich 204 PS aufzuweisen.

Es half auch nichts, dass das Inserat zu einem späteren Zeitpunkt wieder korrigiert wurde, da der Autoverkäufer nicht beweisen konnte, dass der Käufer von der Korrektur Kenntnis erlangt hatte.

Dass sich im Inserat auf mobile.de oder autoscout24.de vor allem bei den Ausstattungsmerkmalen falsche Angaben einschleichen, kommt sehr häufig vor, da die Ausstattungsmerkmale anhand der FIN automatisiert ermittelt werden.

Hier ist für den Autohändler größte Vorsicht geboten, da die Rechtsprechung das Internetinserat wie einen Vertragsbestandteil behandelt und damit sehr häufig bei fehlendem Merkmal ein Sachmangel vorliegt. Dann kann der Käufer die Nachrüstung des Fehlteiles verlangen, was zu sehr hohen Kosten führen kann. Bei Verweigerung der Nachrüstung kann der Rücktritt erklärt werden.

Auf Käuferseite sollte bewusst sein, dass Angaben wie „erste Hand“, „unfallfrei“ etc.  nicht selten keinen Wahrheitsgehalt aufweisen. Beim Privatverkauf kann der private Verkäufer die Haftung für Inseratsangaben problemlos ausschließen. Hier ist also besondere Vorsicht geboten.

Zusammenfassung der Entscheidung des OLG Celle

1. Wenn dem Gebrauchtwagenverkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewusst war, dass er das Fahrzeug online zunächst mit einer deutlich zu hohen Motorleistung inseriert hatte, traf ihn eine Offenbarungspflicht. Er musste seine unrichtige Angabe korrigieren und so die (zumindest billigend in Kauf genommene) Fehlvorstellung des Käufers über die Motorisierung des Fahrzeugs beseitigen.

2. Dieser Offenbarungspflicht wird der Verkäufer durch die spätere Korrektur des Online-Inserats nicht gerecht, solange nicht bewiesen ist, dass der Käufer die betreffende Änderung vor Abschluss des Kaufvertrags zur Kenntnis genommen hat.

3. Der Verkäufer darf auch nicht davon ausgehen, dass der Käufer allein aufgrund des „Abfotografierens“ der Fahrzeugpapiere während des Verkaufsgesprächs Kenntnis von der niedrigeren Motorisierung erlangt hatte. Denn einerseits bestand für ihn mangels konkreter Verdachtsmomente kein Anlass, sich den Fahrzeugbrief dabei genauer anzusehen, andererseits weist der Fahrzeugbrief die Motorleistung nicht in „PS“, sondern in „kW“ aus, so dass die Abweichung zu den Angaben im Online-Inserat dem Käufer als Laien nicht sofort ins Auge springen musste.

4. Aus denselben Gründen ist dem Käufer keine grob fahrlässige Unkenntnis von der niedrigeren Motorisierung des Fahrzeugs vorzuwerfen. Ein Haftungsausschluss gem. § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt mithin – auch unabhängig vom arglistigen Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer – nicht in Betracht.


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    Entscheidung des OLG Celle

    Tenor

    Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 13. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen

    Beschwerdewert: 14.350 €.

    Gründe
    I.

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

    Das Landgericht hat den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vielmehr zu Recht zurückgewiesen. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Sachvortrag des Beklagten den schlüssig dargelegten Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht zu Fall bringt.

    1. Dabei kann dahinstehen, ob die PS-Angabe im Online-Inserat als sog. „Vorfelderklärung“ eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet, die dem zugleich vereinbarten Gewährleistungsausschluss vorginge (hierzu näher Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage 2020, Rn. 3274 ff.).

    Die Motorisierung des Fahrzeugs mit „nur“ 204 PS wäre nämlich ungeachtet dieser Frage jedenfalls als Sachmangel einzustufen: Die Ausweisung einer Leistung von 250 PS im Inserat stellte zumindest eine öffentliche Äußerung des Beklagten gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar, der der Audi A8 tatsächlich nicht gerecht wurde. Der betreffende Mangel wäre zudem von der Haftungsfreizeichnung nicht erfasst gewesen, weil der Beklagte ihn arglistig verschwiegen hatte (§ 444 Alt. 1 BGB). So ist unstreitig, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wusste, dass das Fahrzeug online zunächst mit einer deutlich zu hohen Motorleistung inseriert worden war. Insofern traf ihn eine Offenbarungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 271/16 -, NJW 2018, 146, 149; Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15 -, NJW 2017, 150, 151f.; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3276 f.); er hätte seine unrichtige Angabe korrigieren und so die (zumindest billigend in Kauf genommene) Fehlvorstellung des Klägers über die Motorisierung des Wagens beseitigen müssen.

    2. Dieser Offenbarungspflicht ist der Beklagte auch seinem eigenen Vortrag zufolge nicht gerecht geworden.

    a) Die spätere Korrektur des Online-Inserats stellt schon deshalb keine genügende Aufklärung dar, weil der Beklagte noch nicht einmal selbst behauptet, dass der Kläger die betreffende Änderung vor Abschluss des Kaufvertrags zur Kenntnis genommen habe.

    b) Der Beklagte durfte auch nicht davon ausgehen, dass der Kläger allein aufgrund des „Abfotografierens“ der Fahrzeugpapiere während des Verkaufsgesprächs Kenntnis von der niedrigeren Motorisierung erlangt hatte. Denn mangels konkreter Verdachtsmomente bestand für den Kläger kein Anlass, sich den Fahrzeugbrief dabei genauer anzusehen. Zudem weist dieser die Motorleistung nicht in „PS“, sondern in „kW“ aus, so dass die Abweichung zu den Angaben im Online-Inserat dem Kläger als Laien nicht sofort ins Auge springen musste.

    3. Aus denselben Gründen ist dem Kläger keine grob fahrlässige Unkenntnis von der niedrigeren Motorisierung des Fahrzeugs vorzuwerfen. Ein Haftungsausschluss gem. § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt mithin – auch unabhängig vom arglistigen Verschweigen des Mangels durch den Beklagten (s. I. 1.) – nicht in Betracht.

    II.

    Eine Kostenentscheidung ist im PKH-Beschwerdeverfahren nicht veranlasst. Der Beklagte hat allerdings die Festgebühr (60,00 €) gemäß Nr. 1812 KV-GKG für ihre erfolglose Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

    Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet gemäß § 574 Abs. 2 ZPO aus.